Bulgarien steht vor einem Machtwechsel. Die oppositionellen Sozialisten gewannen bei der Parlamentswahl 31,2 Prozent der Stimmen und kündigten an, zur Bildung einer Regierung mit allen demokratischen Parteien sprechen zu wollen. Wichtigstes Ziel sei es, Bulgarien 2007 in die EU zu führen, sagte Parteichef Sergej Stanischew. Nach Auszählung von 97,5 Prozent der Stimmen kam die Nationale Bewegung von Ministerpräsident Simeon Saxcoburggotski auf nur 19,9 Prozent, wie die Wahlkommission am Sonntag mitteilte.
Stanischew rief sich zum Sieger aus. Eine Koalition mit der Nationalen Bewegung sei sehr unwahrscheinlich und ein Bündnis mit den ultranationalistischen Partei Angriff ausgeschlossen. Doch sonst sei er "bereit, eine Regierung zu bilden und mit jeder demokratischen Partei zu verhandeln", betonte der Sozialistenchef.
Bisherige Regierungspartei gibt noch nicht auf
Die bisherige Regierungspartei weigerte sich zunächst, ihre Niederlage einzugestehen und verwies darauf, eventuell wieder eine Koalition bilden zu können. "Die liberalen Ideale, die dieses Land in den vergangenen vier Jahren geleitet haben, haben beträchtliche Unterstützung bekommen", sagte der stellvertretende Ministerpräsident Plamen Panajotow.
Um die 240 Sitze im Parlament bewarben sich 6.000 Kandidaten von 22 politischen Parteien und Blöcken. Wahlberechtigt waren 6,7 Millionen Bürger; die Wahlbeteiligung lag wahrscheinlich unter 60 Prozent.
Die Sozialisten versprachen im Wahlkampf weniger harte Reformen und einen Ausbau der sozialen Sicherungssysteme.
Es wurde erwartet, dass neben der Nationalen Bewegung und den Sozialisten mindestens fünf weitere Parteien die Vier-Prozent-Hürde überspringen konnten: die türkisch geprägte Bewegung für Recht und Freiheit (12,5 Prozent), die Vereinigten Demokratischen Kräfte (7,7 Prozent), die Demokraten für ein Starkes Bulgarien (6,4 Prozent), die Mitte-rechts-Partei Bulgarische Volksunion (5,2 Prozent) und die Partei Angriff (8,2 Prozent).
Geringe Wahlbereteiligung
Nur die Bewegung für Recht und Freiheit, die schon der bisherigen Regierung angehört, hat bisher angedeutet, eventuell mit den Sozialisten koalieren zu wollen. Möglicherweise braucht die Partei auch noch einen dritten Regierungspartner. Das Endergebnis der Wahl wird für Montag erwartet. Die Wahlbeteiligung lag bei 55 Prozent, das waren deutlich weniger als die 67 Prozent 2001.
Seit 15 Jahren ist keine Regierung in Bulgarien wiedergewählt worden, vor allem, weil nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft schmerzhafte wirtschaftliche und soziale Reformen eingeleitet wurden. Unter Saxcoburggotski verzeichnete das Land im vergangenen Jahr ein Wirtschaftswachstum von 5,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote sank von 18 Prozent 2001 auf 12 Prozent. Doch das monatliche Durchschnittseinkommen verharrte bei rund 200 Euro.