Den Haag Tribunal verpasst Karadzic einen Pflichtverteidiger

Der wegen Völkermordes angeklagte einstige Serbenführer Radovan Karadzic bekommt wegen seines andauernden Prozessboykotts einen Pflichtanwalt zugeteilt. Diese Entscheidung fällte der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien am Donnerstag in Den Haag.

Der wegen Völkermordes angeklagte einstige Serbenführer Radovan Karadzic bekommt wegen seines andauernden Prozessboykotts einen Pflichtanwalt zugeteilt. Diese Entscheidung fällte der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien am Donnerstag in Den Haag. Der Angeklagte hatte sich seit Eröffnung des Prozesses am 26. Oktober geweigert, zur eigentlichen Verhandlung seines Falles vor den Richtern zu erscheinen.

Durch den Beschluss wird der Prozess zwar aus einer juristischen Sackgasse geholt, jedoch verzögert sich das Hauptverfahren um mehrere Monate bis zum 1. März 2010. Als Grund nannte der Vorsitzende Richter O-Gon Kwon aus Südkorea, dass sich der Pflichtverteidiger zunächst in die umfangreiche Anklageschrift einarbeiten müsse.

Karadzic hatte den Richtern kurz vor dem Prozessauftakt am 26. Oktober per Brief mitgeteilt, dass er in seiner Zelle bleiben werde, weil er nicht genügend Zeit zur Vorbereitung seiner Verteidigung gehabt habe. Dem Tribunal warf er vor, ihn unfair zu behandeln. Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren manipuliert, indem sie ihm wichtige Dokumente zur Anklageschrift erst fünf Monaten vor Prozessbeginn zugestellt habe.

Bei dieser Haltung blieb der einstige Präsident der bosnischen Serbenrepublik auch, als er am Dienstag bei einer Anhörung zu Verfahrensfragen von Richter Kwon dringend aufgefordert wurde, die Blockade des Prozesses zu beenden. Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft die Einsetzung eines Pflichtverteidigers.

Karadzic ist wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen während des Bosnienkrieges von 1992 bis 1995 in elf Fällen angeklagt. Er soll einer der Hauptverantwortlichen für den gewaltsamen Tod Zehntausender Menschen und die Vertreibung von etwa zwei Millionen Menschen sein.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor allem die Hauptverantwortung für das Massaker an bis zu 8000 muslimischen Männern und Jungen in der UN-Schutzzone Srebrenica im Juli 1995 vor. Das Verbrechen gilt als das schwerste in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Karadzic, der bislang alle Vorwürfe bestritten hat, droht eine lebenslange Haftstrafe. Karadzic wurde nach 13 Jahren auf der Flucht im Juli 2008 in Belgrad verhaftet und dann an das Haager Kriegsverbrechertribunal ausgeliefert.

DPA
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