Huldigt dem Präsidenten! Donald Trump und die "schrägste Kabinettssitzung aller Zeiten"

Donald Trump bei seiner ersten Kabinettssitzung
Und jetzt sagen mal alle, wie lieb sie ihren Präsidenten haben! Donald Trump bei seiner ersten Kabinettssitzung
© Andrew Harnik/AP
"Es gab – mit wenigen Ausnahmen – noch nie einen Präsidenten, der mehr Gesetze verabschiedet und mehr Sachen gemacht hat, als wir sie geschafft haben." In der ersten Kabinettssitzung seit seiner Amtseinführung lobt Donald Trump sich selbst und seine Leistungen. Dann gibt er das Wort an die Runde weiter.



Reince Priebus, Stabschef: 

"Wir danken Ihnen für die Gelegenheit und Ihren Segen, den Sie uns gegeben haben, um Ihrer Politikagenda und dem amerikanischen Volk zu dienen."


Wie ein verunsicherter Anführer lässt der US-Präsident sich von allen seinen Ministern loben.


Rick Perry, Energieminister:

"Wir bleiben Weltführer im Bezug auf das Klima. Aber wir lassen uns nicht von einer schlecht durchdachten Durchführungsverordnung als Geisel nehmen. Hut ab, dass Sie eine klare Haltung im Klima eingenommen haben."



Nikki Haley, Botschafterin, zu den Vereinigten Nationen:

"Es weht ein neuer Wind bei den Vereinigten Nationen. Wir haben nun eine starke Stimme...Die internationale Gemeinschaft erkennt, dass wir wieder da sind."


Elaine Chao, Verkehrsministerin:

"Ich will mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie dieses Land wieder in Bewegung gesetzt und zum Arbeiten gebracht haben."



Das ist nur eine Auswahl der seltsamen Kabinettssitzung und ein Ausdruck dafür, was Trump von seinen Mitarbeitern einfordert. Lob statt Beratung und Loyalität statt einer kritischen Auseinandersetzung.
Donald Trump hat jetzt ein vollständiges Kabinett - und die erste Sitzung war seltsam. So seltsam, dass viele US-Medien gar nicht erst darüber berichteten, sondern gleich kommentierten. Zu Beginn lobten alle Minister den Präsidenten überschwänglich.

Um Donald Trumps erste Kabinettssitzung zu beschreiben, braucht die US-Presse bloß ein Wort, so scheint es: weird. Also seltsam, bizarr, schräg. Der US-Präsident hat jetzt, nach ganzen fünf Monaten im Amt, ein vollständiges Kabinett beisammen und am Montagabend fand die erste Sitzung mit sämtlichen Ministern seines Regierungsstabes statt. Die war derart ungewöhnlich und weird, dass viele US-Medien gar nicht erst darüber berichteten, sondern gleich kommentierten.

Trump stellte sich zu Beginn in einer kurzen einführenden Rede zunächst wenig bescheiden als den erfolgreichsten Präsidenten aller Zeiten vor ("Bis auf vielleicht ein paar Ausnahmen") und forderte seine Minister dann auf, es ihm gleich zu tun. Heißt: sich doch bitte einmal reihum mit Namen und Funktion vorzustellen und ein paar nette Worte zu sagen. Das allein mutet schon seltsam an - es fehlte bloß noch ein Redeball, dann wäre die Vorstellungsrunde der Kinder-Ferien-Freizeit perfekt gewesen.

Und dann geschah es: Die Minister taten wie ihnen geheißen und stellten sich vor - und nutzten ihre kurze Redezeit allesamt dazu, Trump überschwänglich zu loben. Jeder Minister äußerte vor den Kameras der Journalisten, wie großartig es doch sei, diesem Präsidenten dienen zu dürfen. Vizepräsident Mike Pence nannte seinen Job an Trumps Seite "das größte Privileg in meinem Leben", Stabschef Reince Priebus sagte zur Überraschung aller: "Danke für die Möglichkeit, Ihnen zu dienen." Und Justizminister Jeff Sessions säuselte Trump offenbar ganz ironiefrei zu: "Sie haben die exakt richtigen Botschaften gesetzt, die Reaktionen überall im Land sind fabelhaft."

"Wie eine Szene aus der Dritten Welt"

Die US-Medien sind verblüfft, so etwas hatte dann doch niemand erwartet. Der New York Times-Politik-Redakteur Glenn Thrush schreibt auf Twitter über die Sitzung, sie sei "eine der peinlichsten öffentlichen Veranstaltungen, die ich je gesehen habe". 

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Washington-Korrespondent des Senders CNBC, John Harwood, beschreibt die Szenen im Weißen Haus "wie eine Szene aus der Dritten Welt". 

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Das Portal  Vox.com schreibt gar von Gemeinsamkeiten der Szene zu Shakespeares "King Lear", und tatsächlich erinnert die Eröffnung der Kabinettssitzung an das Drama, in dem alle Töchter (hier: Minister) dem König (Präsidenten) ihre Liebe (ja: Liebe) bekunden müssen, um nicht enterbt (gefeuert) zu werden.

Die "New York Times" beschreibt die Sitzung als "höchst ungewöhnlich" und Vox.com findet es einfach nur weird, was da am Montag in Washington abgelaufen ist. CNN urteilte ebenfalls nur: "Die schrägste Kabinettssitzung aller Zeiten".

Besonders weird erscheint die Lobhudelei der Sitzung vor dem Hintergrund der brisanten Vorwürfe von James Comey. Der ehemalige FBI-Chef wurde im Mai von Trump entlassen und berichtet inzwischen von den Grenzüberschreitungen des US-Präsidenten. So soll Trump laut Comey Loyalität eingefordert haben. Als er sie nicht mehr bekam, musste Comey seinen Posten räumen.

Fürchteten die Minister an Trumps Tisch ein ähnliches Schicksal? Gerade Priebus überraschte währende der Sitzung mit seinem Lob - und gerade Priebus steht aufgrund der vielen Gerüchte, die aus dem Weißen Haus an die Öffentlichkeit gedrungen sind, mehrfach kurz vor seiner Entlassung. 

Donald Trump bei seiner ersten Kabinettssitzung
Und jetzt sagen mal alle, wie lieb sie ihren Präsidenten haben! Donald Trump bei seiner ersten Kabinettssitzung
© Andrew Harnik/AP
Wie sich Trumps Minister beim US-Präsidenten anbiedern
jen

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