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Vorhersagen für US-Wahl Und der nächste Präsident der Vereinigten Staaten heißt ...

Die Umfragen zur US-Präsidentenwahl kippen wieder in Richtung Donald Trump. Doch Umfragen allein sagen noch nicht viel aus. Zahllose Modelle versuchen zu prognostizieren, wer ins Weiße Haus einzieht. Schon jetzt ist ein Verlierer absehbar.
Von Niels Kruse

Geht es nach Michael Moore, dem Moralapostel und Zirkuspferd der US-Linken, dann wird Donald Trump am 8. November zum nächsten US-Präsidenten gewählt werden. Nicht weil der sonderlich überzeugen würde, sondern weil Konkurrentin Hillary Clinton zu unbeliebt sei und die Menschen die Faxen dicke hätten vom Zustand ihres Landes, wie Moore schreibt. Der Filmemacher hatte bereits vor einem Jahr den Siegeszug des Immobilienmilliardärs vorhergesagt, allerdings bei den letzten Wahlen vor vier Jahren Barack Obama eine Niederlage prognostiziert. Es kam anders. So gesehen sind Moores Glaskugelfähigkeiten noch nicht endgültig erwiesen. Aber damit befindet er sich auf dem gleichen Niveau wie die vielen anderen Vorhersagemodelle, die sich mit dem Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen beschäftigen.

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Unentschieden bei den beiden Zahlen-Gurus

Der Statistiker Nate Silver zum Beispiel zählt seit den letzten Urnengängen zu den ganz wenigen Experten in den USA, der die Wahlergebnisse 2008 und 2012 exakt vorhersehen konnte. Vor kurzem hat er sich in seiner Prognose auf Hillary Clinton festgelegt. Das Modell des US-Wissenschaftlers Helmut Norpoth dagegen ist in der Lage, alle Ergebnisse aller US-Präsidentschaftswahlen seit 1912 richtig zu berechnen. Seine Aussicht für die Abstimmung im November: Donald Trump wird gewinnen. Mindestens ein Fachmann mit nachweislich seherischen Fähigkeiten wird sich also irren. Was nun?

Kaum eine Frage wie die nach dem Ausgang der Novemberwahlen beschäftigt die Amerikaner derzeit mehr. Umfragen erscheinen teilweise mehrfach am Tag. Die neueste vom TV-Sender CNN, der nicht unbedingt als Trump-freundlich gilt, sieht den polternden Republikaner vorne. Ebenso wie die jüngsten Erhebungen von CBS, der "LA Times" und dem Umfrageinstitut Gravis. Rechnet man wie die US-Seite Realclearpolitics sämtliche Umfragen zusammen, dann zeigt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen beider Kandidaten, mit hauchdünnem Vorsprung von 0,2 Prozent für Donald Trump. Angesichts der üblichen Fehlermarge muss das allerdings nicht viel heißen, außer: Es wird tatsächlich sehr, sehr knapp werden.

Die britischen Buchmacher, die mit ihren Wettquoten allzu oft richtig liegen, zuletzt aber bei der Brexit-Frage ziemlich schlecht aussahen, sehen ebenfalls Hillary Clinton vorne, genau wie die Wahlprognosen-Seite"Predict it", auf der sich Teilnehmer Optionen auf den Abstimmungsausgang kaufen können. Wer hier Clinton-Scheine kauft, bekommt pro Dollar 35 Cent zurück, für Trump-Scheine gibt es dagegen 65 Cent - dem Republikaner werden offenbar die schlechteren Gewinnchancen eingeräumt. Beide Modelle spielen mit der Erwartungshaltung der Menschen - was einigen Demoskopen als zuverlässigstes Mittel für Vorhersagen gilt. Doch die meisten Interessierten waren auch lange davon ausgegangen, dass Donald Trump bei den US-Vorwahlen durchrasseln würde. Ihre Erwartungen wurden Lügen gestraft.

Unentschieden auch bei der BBC

Die britische BBC hat vor kurzem ebenfalls versucht, das Wahlergebnis mit Hilfe von erprobten Werkzeugen vorwegzunehmen. Etwa über wirtschaftliche Kennzahlen. These: Wenn die Menschen mit den Preisen für Benzin und Immobilien sowie ihrem Haushaltseinkommen zufrieden sind, dann ist es wahrscheinlich, dass sie für den Status quo votieren, was einen Wahlsieg von Clinton bedeuten würde. Dagegen steht ein Fragenkatalog, bei dem sechs Kriterien herausfiltern, ob der Kandidat der regierenden Partei gewählt wird. Tendenz: Es sieht nicht so gut aus für die Demokraten.

Aber die öffentliche-rechtliche Sendeanstalt hat auch ein typisch britisches Faible für abseitige Vorhersagemodelle. Etwa die Namenstheorie: So hatte bislang jeder Kandidat dessen Nachname mit N endet, stets bessere Chancen, die Wahl zu gewinnen. Vorteil ClintoN. Der Olympia-Gedanke dagegen sieht Konkurrent Trump vorne. Wenn immer ein Land zum ersten Mal die Olympischen Spiele ausrichtet (seit dem Zweiten Weltkrieg findet der Sportwettbewerb und die Präsidentschaftswahl immer im gleichen Jahr statt), dann hat die regierende Partei, also aktuell die Demokraten, das Amt verloren. Da das olympische Feuer dieses Jahr das erste Mal in Brasilien brennt, müsste also Donald Trump ins Weiße Haus einziehen. Unentschieden auch bei der BBC.

Für Donald Trump spricht seine Körpergröße

Was bleibt? Vielleicht das Klammern an waghalsige Vergleiche: Noch nie wurde jemand Präsident, der älter war als 69. Trump ist 70. Die meisten Präsidenten waren überdurchschnittlich groß. Eine Vorgabe, die Trump mit seinen 1,88 Meter ganz klar erfüllt. Aber: Noch nie wurde ein Kandidat, der in New York City geboren wurde, US-Präsident. Auf der anderen Seite: eine Frau auch noch nie - ganz egal wie groß oder alt sie war oder wo sie zur Welt kam. Es bleibt (leider) spannend. Und die Erkenntnis, dass zahllose, bislang äußert verlässliche Wahlvorhersagemodelle nach dem 8. November versagt haben werden.

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