Endspurt im US-Wahlkampf Was Obama und Romney nun erwartet

14 Tage vor der Präsidentschaftswahl gehen Barack Obama und Mitt Romney gleichauf in den Wahlkampfendspurt. Letztlich werden es vielleicht nur 900.000 Menschen sein, die über den Ausgang entscheiden.

Eigentlich hatte Mitt Romney nie eine echte Chance gegen den Amtsinhaber. Das ganze Jahr über lag der Kandidat in den Umfragen hinter Barack Obama. Mal deutlich wie noch im Februar mal knapp wie kurz nach dem Parteitag der Republikaner sechs Monate später. Doch anderthalb versaubeutelte Stunden reichten aus, um den Vorsprung des Amtsinhabers zunichte zu machen: das erste TV-Duell zwischen Romney und Obama Anfang Oktober. Seitdem liegen die beiden gleichauf, seitdem müht sich der Präsident den Gegenwind zu drehen. Die dritte und letzte Debatte konnte Obama zwar gewinnen, doch mit dem Thema Außenpolitik überzeugt man in den USA kaum einen Wähler von sich. Was nun also? Wie geht es weiter bis zum Entscheidungstag am 6. November?

Sicher ist zwei Wochen vor der Wahl nur eines: Wer ins Weiße Haus will, braucht die Stimmen von 270 Wahlmännern, einen mehr als die Hälfte der 538 Mitglieder des "electoral college", das letztlich den Präsidenten wählt. Alle Bundesstaaten stellen eine bestimmte Anzahl entsprechend ihrer Bevölkerungsstärke. Das bedeutet jedoch, dass die Wahl vor allem in bevölkerungsreichen Staaten entschieden wird, die nicht traditionell für Republikaner oder Demokraten stimmen. Romney und Obama werden in den letzten zwei Wochen bis zum Urnengang vor allem in diesen Swing States auf Wählerfang gehen.

Bei den Wahlmännern liegt Obama vorn

Die US-Politologin Lynn Vavreck schätzt, dass es gerade einmal 900.000 Wahlberechtigte sind, die über den nächsten Präsidenten entscheiden. Der Nachrichtensender CNN sieht auf Grundlage von Umfragen in den einzelnen Bundesstaaten derzeit 237 Wahlmännerstimmen in der Hand von Obama. Romney kann sich demnach nur 191 Stimmen sicher sein. Florida gehört zu den klassischen Swing States – weshalb das dritte TV-Duell hier im Süden der Vereinigten Staaten stattfand. George W. Bush gewann 2000 in diesem Bundesstaat die Wahl, obwohl er landesweit deutlich weniger Stimmen bekam als sein damaliger Kontrahent Al Gore.

  • Der "Sunshine State" Florida ist mit 29 Stimmen der Größte unter den unentschlossenen Staaten. 2008 konnte Obama hier gewinnen. Der Präsident und sein Herausforderer ringen besonders um die Stimmen der Rentner, die sich vor allem um die Gesundheitspolitik sorgen. Eine weitere wichtige Gruppe sind Wähler lateinamerikanischer Abstammung, die zuletzt für Obama stimmten, mittlerweile aber eher zum Republikaner Romney tendieren, der Umfragen zufolge hier leicht vor dem Amtsinhaber liegt.
  • Noch entscheidender dürfte der Ausgang in Ohio werden. Der letzte Präsident, dem es gelang, ohne einen Sieg in diesem Staat ins Weiße Haus einzuziehen, war John F. Kennedy 1960. Im aktuellen Wahlkampf hat der Amtsinhaber Barack Obama seit Jahresbeginn mehr als ein Dutzend Mal Ohio besucht. Herausforderer Mitt Romney verbrachte im Oktober eine ganze Woche dort. In Umfragen liegt Obama knapp in Führung.
  • Umfragen in den kleineren Swing States ergeben kein klares Bild: In Virginia herrscht derzeit ein Patt, in North Carolina liegt der Republikaner vorn. Ebenso, und etwas überraschend, in New Hampshire, das traditionell demokratisch wählt. Einen Vorteil könnte Romney auch in Wisconsin haben, da sein Vizekandidat Paul Ryan aus diesem Bundesstaat stammt. In Colorado und Nevada dagegen könnte Barack Obama von der dort zunehmenden hispanischen Wählerschaft profitieren.

Wer lügt mehr - Obama oder Romney?

Die Wahlkampfmaschine beider Lager wird in den nächsten 14 Tagen noch sehr oft bei möglichen Wählern anrufen, oder sie direkt zu Hause besuchen. Und natürlich werden noch zahllose Spots auf die Fernsehzuschauer einprasseln. Futter für Häme, Aufklärung als auch maßlose Übertreibungen gibt es genug: Schon jetzt macht Obamas "Pferde und Bajonette"-Spruch, mit dem er Mitt Romney aufzog, die Runde im Internet. Eine launige TV-Version wird nicht lange auf sich warten lassen. Auch einige Aussagen Romneys aus der letzten Debatte dürften die Demokraten genüsslich ausbreiten, wie etwa die, dass der Iran keine Küste hat. Letztlich aber liegt Romney in einem Punkt ohnehin hinter Barack Obama: in Sachen Glaubwürdigkeit. Laut des "New York Magazines" glauben sowohl Republikaner als auch Demokraten, dass Romneys Wahlkampagne eher auf Lügen aufgebaut ist als die des Amtsinhabers.

AFP
mit DPA/AFP