Erneuter Machtwechsel Japan steht Rechtsruck bevor

Mal wieder steht Japan vor einem Regierungswechsel. Premier Noda hat den Weg zu Neuwahlen freigemacht. Sieger dürfte ein Erzkonservativer werden. Neue Rechtsparteien wollen dritte Kraft werden.

Gerade einmal drei Jahre ist es her, da sah es in Japan nach einem politischen Neuanfang aus. Zum ersten Mal seit mehr als einem halben Jahrhundert hatte das Volk der Liberaldemokratischen Partei (LDP) 2009 an der Wahlurne den Rücken gekehrt. Die Menschen hatten angesichts von wirtschaftlicher Unsicherheit, Trägheit und Skandalen die Nase voll. So voll, dass sie es wagten, der noch völlig regierungsunerfahrenen Oppositionspartei der Demokraten (DPJ) die Führung in Japan zu übertragen. Jetzt hat das Volk wieder die Nase voll.

Erneut schlittert das Land in eine Rezession. "Die DPJ hat kaum etwas von dem verwirklicht, was sie versprochen hat", erklärt der politische Analyst Minoru Morita. Schlimmer noch: Mit dem von Premier Yoshihiko Noda erfolgreich durchgesetzten Beschluss einer Verdopplung der Verbrauchssteuer habe die DPJ ihr Wahlversprechen gebrochen.

Dabei wollte Noda - der sechste Regierungschef in sechs Jahren und der dritte Premier seit der Machtübernahme der DPJ - mit der Steuererhöhung endlich die prekäre Staatsverschuldung bekämpfen.

Umfragewerte der DPJ sinken unter 20 Prozent

Doch gebrochene Wahlversprechen, die sich verschärfende Wirtschaftskrise, Skandale und innerparteiliche Machtkämpfe ließen die Zustimmungswerte für den erst seit einem Jahr regierenden NodaShin und seine Partei inzwischen auf unter 20 Prozent sacken. Auch das nach Ansicht von Analytikern geradezu amateurhafte außenpolitische Umgehen im Streit mit China um unbewohnte Felseninseln verstärkte nur noch den Eindruck in der Bevölkerung, dass die Regierung den Problemen völlig ratlos gegenübersteht. Nun zog Noda die Konsequenz.

Dass er ausgerechnet in einem Umfragetief Wahlen ein halbes Jahr vor dem regulären Termin vorzieht, begründen Beobachter damit, dass er ein noch stärkeres Absacken seiner Partei verhindern wollte. Jetzt macht sich die LDP unter ihrem nationalistischen Chef, Ex-Premier Shinzo Abe, berechtigte Hoffnung, bald an die Macht zurückzukehren. Jene Partei, die Japan zum Schuldenstaat gemacht hat und Verantwortung für eine Atompolitik trägt, bei der jahrzehntelang Sicherheitsfragen wie die in Fukushima vernachlässigt wurden.

Chance für rechtskonservative Parteien

Abe will eine "starke Wirtschaft schaffen, um Japan wiederaufzubauen". Die Haushaltssanierung will er zurückstellen und und stattdessen mit einer aggressiven Geldpolitik Japan wieder auf Wachstumskurs bringen.

Doch Umfragen deuten an, dass die LDP und ihr traditioneller Partner Komeito möglicherweise keine alleinige Mehrheit erhalten werden. Dies könnte neuen, rechtskonservativen Kräften eine entscheidende Rolle als "dritte Kraft" verschaffen. Namentlich die kleine Restaurationspartei für Japan des Bürgermeisters von Osaka, Toru Hashimoto, und die kleine Sonnenaufgangspartei des ebenfalls nationalistischen Ex-Gouverneurs von Tokio, Shintaro Ishihara.

Möglicherweise wollte Noda mit dem überraschend frühen Wahltermin auch verhindern, dass sich Hashimotos und Ishiharas Parteien für die Wahlen in Position bringen können. Um ihre Kräfte zu bündeln, haben beide Rechtskonservativen jetzt angekündigt, fusionieren zu wollen. Ob angesichts dieser Entwicklung die politische Lähmung in Japan überwunden werden kann, gilt unter Beobachtern als fraglich.

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Lars Nicolaysen, DPA