Das "Nein" aus Berlin kam prompt und machte deutlich: In Europa ist die Debatte um gemeinsame Strategien in der Finanzkrise voll entbrannt. Während sich in den USA nach tagelangem Ringen ein Milliarden-Rettungspaket abzeichnet, steuern die 27 EU-Staaten auf einen heftigen Streit zu. Den französischen Vorschlag eines EU-Notfonds oder Rettungsschirmes, wie ihn auch deutsche Banker und Ökonomen fordern, lehnt die Bundesregierung strikt ab. Einen "Blankoscheck" für Banken werde es nicht geben, stellte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) klar. Berlin setzt auf nationale Lösungen.
Sarkozy sieht sich als Problemlöser
Für den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy bietet die Finanzkrise einmal mehr Gelegenheit, sich international als Problemlöser in Szene zu setzen - und damit auch zu Hause zu punkten. Bei der UN-Versammlung in New York hatte er vollmundig einen G8-Krisengipfel in Paris vorgeschlagen. Bei möglichen Teilnehmern stieß der Vorschlag auf Skepsis. Zu groß schien die Gefahr, dass ein solches Treffen in erster Linie ein Fototermin werden könnte, der Handeln vortäuscht, ohne dass konkrete Schritte folgen.
Nun wird es also eine "G4", wie Frankreich das Treffen der Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Italien, Großbritannien und Frankreich an diesem Samstag in Paris nennt. Die Tagesordnung ist noch nicht bekannt. Französische Medien haben allerdings bereits Vorschläge ohne Angabe von Quellen weiterverbreitet, die darauf schließen lassen, dass Frankreich das Terrain testet.
Zunächst sprach Finanzministerin Christine Lagarde von einer "europäischen Auffanglösung". Ihr Berliner Kollege Peer Steinbrück (SPD) ließ umgehend erklären: "Von solchen Plänen hält die Bundesregierung gar nichts." Dann geisterte die Zahl von 300 Milliarden Euro durch die Medien. Angeblich sollte jedes EU-Land jeweils drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts beisteuern. Dies hieße für Deutschland 75 Milliarden Euro. Ein aberwitziger Plan, hieß es in Berlin. Die Zahl wurde später von der französischen Regierung dementiert - aber die Idee eines Notfonds bleibt vorerst im Raum.
Es gebe in Deutschland eine "gewisse Skepsis", was pauschale Lösungen betreffe, sagte ein Sprecher der Kanzlerin. Es müsse vielmehr in jedem Einzelfall geprüft werden, welche Maßnahmen jeweils in einem Land nötig seien. In den 27 EU-Staaten gebe es unterschiedliche Bedingungen und Bankensysteme. Eine europäische Bankenaufsicht wird wird in Berlin ebenso skeptisch beurteilt.
Gemeinsame Linie mit Amerikanern
Nach Ansicht der Bundesregierung spielt die Musik ohnehin nicht am Samstag in Paris, sondern in der kommenden Woche in Washington beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrieländer (G7). Dort lägen erste Erfahrungsberichte vor, dort gehe es um eine gemeinsam Linie auch mit den Amerikanern. Dieses Treffen sollte zunächst mal abgewartet werden, wird in Berlin betont.
Das Vorgehen der Iren indes stößt in Berlin auf Befremden - trotz des Befürwortens nationaler Lösungen. Von der irischen Staatsgarantie von bis zu 400 Milliarden Euro für alle Bankeinlagen bis 2010 - das ist immerhin mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung des Landes - sollen Töchter ausländischer Banken wohl nicht profitieren. Dabei wurden diese erst mit niedrigen Steuersätzen auf die Insel gelockt.
So richtig verschnupft wäre man in Berlin, sollte sich die Staatsgarantie als neuer Marketing-Schachzug Dublins erweisen, Anlegergeld nach Irland zu locken. Dann wäre aus Berliner Sicht wohl ein Sondertreffen der EU-Finanzminister fällig. Britische Banken sollen wegen der Sicherheitsgarantie bereits Einlagen auf Konten ihrer irischen Tochtergesellschaften transferiert haben.