Der französische Premierminister Michel Barnier hat nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum gegen seine Mitte-Rechts-Regierung seinen Rücktritt eingereicht. Präsident Emmanuel Macron bat Barnier, mit seiner Regierung vorübergehend geschäftsführend im Amt zu bleiben, hieß es in Paris. Barnier geht damit als der Premierminister mit der kürzesten Amtszeit in die jüngere französische Geschichte ein.
Am Abend will Präsident Macron sich äußern – das dürfte Aufschluss darüber geben, wie es jetzt weitergeht. Nach Medienberichten will Macron sehr zügig einen neuen Regierungschef ernennen, denn er gerät zunehmend selbst unter Druck.
Die populistischen Kräfte am linken und rechten Rand in der Pariser Nationalversammlung nehmen nach dem Regierungssturz Macron ins Visier. Dieser solle zurücktreten, oder zumindest einen früheren Termin für die Präsidentschaftswahl in Betracht ziehen, hieß es. Macron hatte bislang aber stets betont, bis zum Ende seiner regulären Zeit 2027 im Amt zu bleiben.
Frankreich und Deutschland schwächeln gleichzeitig
Zu einem ungünstigeren Moment hätte die politische Krise in Frankreich kaum kommen können. Der Sturz der Mitte-Rechts-Regierung von Premier Michel Barnier durch das Linksbündnis und die Rechtsnationalen von Marine Le Pen im Parlament am Mittwochabend führt das hoch verschuldete Land ins Ungewisse.
Dabei hätte eigentlich längst ein von Brüssel angemahnter Sparhaushalt für das kommende Jahr, der Anlass für das Misstrauensvotum gegen die Minderheitsregierung war, verabschiedet werden müssen. Dies drängt, auch um sich das Vertrauen der im Moment mit Investitionen in Frankreich zögernden Wirtschaft sowie der Finanzmärkte zu sichern. Die schon seit dem Sommer andauernde politische Hängepartie hatte für Verunsicherung gesorgt.
Außerdem wäre angesichts des Ukraine-Kriegs, der Unsicherheit vor dem Antritt des künftigen US-Präsidenten Donald Trump und der Spannungen im Welthandel eigentlich ein starkes Frankreich auf internationalem Parkett gefragt, das nicht von heimischen Problemen und Haushaltsfragen gelähmt wird. Auch fällt in der EU mit dem gleichzeitigen Schwächeln von Frankreich und Deutschland, wo im Februar früher als geplant ein neuer Bundestag gewählt wird, der treibende Motor aus.
"Wenn der Misstrauensantrag durchkommt, wird alles schwieriger und alles wird schlimmer", hatte Premier Barnier vor der Abstimmung vergeblich gewarnt. Die politische Instabilität werde höhere Risikoaufschläge auf Kredite und zusätzliche Milliardenlasten für das Land bedeuten und Frankreich werde für seine Schulden noch höhere Zinsen als Griechenland zahlen müssen. Mit einem öffentlichen Schuldenstand von über 110 Prozent seiner Wirtschaftsleistung gehört Frankreich in der EU ohnehin zu den Schlusslichtern, noch schlechter stehen nur Italien und Griechenland da.
Haushaltsstreit bedroht Industrie und Wirtschaft
Die Industriestaatenorganisation OECD betonte in ihrem am Tag des Misstrauensvotums vorgelegten Weltwirtschaftsausblick die Bedeutung einer schnellen Haushaltseinigung in Paris. Schwinde die politische Unsicherheit, beruhigten sich die Märkte und der Druck auf die Finanzen lasse nach. Sollte der Haushalt jedoch nicht verabschiedet werden, gerieten das erwartete Wirtschaftswachstum in Gefahr und Steuereinnahmen verringerten sich. Dies wiederum gefährde die Fähigkeit der Regierung, das Haushaltsdefizit zu reduzieren.
Der Sturz der Regierung und das Scheitern des Sparhaushalts bedeuteten weitere Monate der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit für die deutschen Unternehmen in Frankreich, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer, Patrick Brandmaier, der Nachrichtenagentur dpa in Paris. Die schwierige Situation bei sich ausweitender Staatsverschuldung und die sich eintrübenden Konjunkturerwartungen verstärkten diese Entwicklung.
"Nach über fünf Jahren einer pro-Wirtschaft und reformorientierten Politik zeichnen sich nun Stagnation und Unsicherheit für die Unternehmen ab", sagte Brandmaier. "Wenngleich dies unmittelbar keine größeren Auswirkungen auf die deutschen Unternehmen in Frankreich hat, trägt es nicht zur Attraktivität und zur Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Frankreich bei."
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Nach der Insolvenz 2020 musste der Warenhauskonzern, derzeit im Besitz des österreichischen Milliardärs René Benko, Ende Oktober 2022 erneut ein Schutzschirmverfahren beantragen. Das Filialnetz soll nun weiter ausgedünnt werden: Von den zuletzt 131 Kaufhäusern ist mindestens jedes dritte von Schließung bedroht. Details stehen noch nicht fest. Hinter den Kulissen wird mit Vermietern über Mietnachlässe und mit Investoren über mögliche Übernahmen verhandelt. Buero.de-Chef Markus Schön, der sich öffentlich als Investor ins Spiel gebracht hatte, hat sein Angebot zurückgezogen.
"Frankreich steckt in einer ernsten Krise. Das Misstrauensvotum gegen Premier Barnier erhöht die Instabilität des Landes", sagte die FDP-Bundestagsabgeordnete Sandra Weeser, die Vorstandsmitglied der Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung ist. "Geschwächtes Vertrauen der Finanzmärkte wird die französischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zusätzlich durch steigende Finanzierungskosten belasten."
Wie in Deutschland müsse es auch in Frankreich darum gehen, die Wirtschaft durch echte Reformen wieder in Schwung zu bringen, sagte die FDP-Politikerin. "Die deutsch-französische Zusammenarbeit ist derzeit ebenfalls geschwächt, wir brauchen sie aber dringender denn je, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit zu garantieren."