In den USA ist ein heftiger politischer Streit um die Vergabe des Friedensnobelpreises an Präsident Barack Obama ausgebrochen. Nach scharfer republikanischer Kritik an der Entscheidung des Nobel-Komitees warf der Vorstand der Demokraten den Konservativen am Freitag vor, sich mit religiösen Extremisten in ein Boot zu setzen. Die Parteiführung bezog sich dabei auf die radikalislamische Hamas und die afghanischen Taliban, die den Preis für Obama ebenfalls kritisiert hatten. Eine Sprecherin der Republikaner wiederum warf den Demokraten "beschämendes" Verhalten vor.
Das norwegische Nobelkomitee hatte den seit neun Monaten amtierenden Präsidenten am Freitag mit der Ehrung bedacht. Obama erhalte die Auszeichnung "für seine außergewöhnlichen Bemühungen, die internationale Diplomatie und die Zusammenarbeit zwischen den Völkern zu stärken", hieß es. Insbesondere werde damit Obamas Einsatz für eine Welt ohne Atomwaffen gewürdigt.
Die Auszeichnung des US-Präsidenten nach nur neun Monaten Amtszeit hatte weltweit Überraschung ausgelöst, war im Ausland aber größtenteils positiv aufgenommen worden. In den USA dagegen kamen bereits erste Angriffe von republikanischer Seite noch bevor Obama in einer kurzen Rede erklärte hatte, er werde den Preis akzeptieren.
"Was hat Obama tatsächlich erreicht?"
Die schärfste Kritik kam vom republikanischen Parteivorsitzenden Michael Steele. Die Amerikaner fragten sich, "was hat Obama tatsächlich erreicht?" Die Entscheidung sei unglücklicherweise Folge von Obamas Strahlkraft als Politstar, so Steele weiter. "Eine Sache ist sicher: Präsident Obama wird keine Preise von Amerikanern für seine Arbeitsbeschaffung, fiskales Verantwortungsbewusstsein oder für das Untermauern von Rhetorik mit konkreten Taten erhalten."
Auch der republikanische Abgeordnete Gresham Barrett kritisierte die Vergabe an Obama. "Ich bin nicht sicher, was die internationale Gemeinschaft an ihm am meisten liebt: Sein Geschwafel zu Afghanistan, den Verzicht auf eine Raketenabwehr in Osteuropa, dass er Castro verhätschelt, dass er für die Palästinenser gegenüber Israel Partei ergreift oder dass er beinahe hartnäckig gegenüber dem Iran ist". Er hoffe, dass der "überraschende Preis" Obama dazu bewege, seinen politischen Kurs zu überdenken.
Nur wenige Republikaner beglückwünschten Obama, unter ihnen der Gouverneur von Minnesota, Tim Pawlenty. Obamas Wahlkampf-Rivale John McCain hob sich ebenfalls ab und äußerte sich höflich-diplomatisch. Der Preis spiegele die Erwartungen, die an Obamas Politik geknüpft würden, sagte McCain. "Ich bin sicher, Obama versteht, dass er dem jetzt noch mehr gerecht werden muss." Der langjährige Senator fügte hinzu: "Aber als Amerikaner sind wir stolz, wenn unser Präsident einen Preis in einer derart prestigeträchtigen Kategorie erhält."
Obama will das Preisgeld spenden
Die Demokraten reagierten erwartungsgemäß mit Begeisterung über den Rückenwind für Obamas außenpolitischen Kurs. "Präsident Obama arbeitet daran, die weltweite politische Führung Amerikas wiederherzustellen", sagte die Präsidentin des US-Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi. Obama trete Bedrohungen vom Klimawandel bis zum Terrorismus entgegen und kämpfe für Menschenrechte und Frieden. Der demokratische Fraktionschef im Senat, Harry Reid, pflichtete ihr bei: Obama sei "für viele Amerikaner zu einer großen Quelle des Stolzes und der Inspiration geworden". Ex-Präsident Jimmy Carter, der 2002 selbst den Friedensnobelpreis bekam, sprach von einer "mutigen Aussage der internationalen Unterstützung für Obamas Vision und Verpflichtung". Ex-Vizepräsident Al Gore, selbst Preisträger 2007, nannte die Auszeichnung für Obama "extrem verdient".
Am Mittag hatte sich Obama "überrascht" und "zutiefst geehrt" von der Preisvergabe geäußert. Er machte zugleich klar, dass er sie nicht als Auszeichnung für seine Errungenschaften verstehe, sondern als einen "Aufruf" zum Handeln. Das Preisgeld von rund einer Million Euro will er an Wohlfahrtseinrichtungen spenden.
Der Präsident setzte unterdessen schon wenige Stunden nach Bekanntgabe der Preisvergabe seine Tagesgeschäfte fort. Erneut beriet er mit seinen wichtigsten Sicherheitsexperten mehrere Stunden lang eine neue Afghanistan-Strategie. Der Kommandeur der internationalen Truppen in dem Land, US-General Stanley McChrystal, fordert 40.000 zusätzliche Soldaten. Obama will erst generell über den künftigen Kurs in Afghanistan debattieren und dann über die Truppenaufstockung entscheiden.