Gasstreit Russland setzt Ukraine letzte Frist

Um acht Stunden auf 16 Uhr hat Russland das Gas-Ultimatum für die Ukraine verschoben. Zahlen will Ministerpräsidentin Julia Timoschenko jedoch nur bei einer Umstrukturierung des Gassektors - und weniger als Russland verlangt. Gespräche in Moskau sollen indes den Durchbruch bringen.

Die Ukraine ist nach Regierungsangaben zur Begleichung offener Rechnungen für Gaslieferungen aus Russland bereit. Voraussetzung sei jedoch ein direktes Importabkommen mit dem russischen Gasmonopolisten Gazprom, teilte der stellvertretende ukrainische Ministerpräsident Alexander Turtschinow auf der Internetseite der Regierung mit. Die Ukraine hatte Russland am Wochenende vorgeworfen, mit der Drohung eines Lieferstopps politische Ziele erreichen zu wollen. Gazprom hatte dem Land gedroht, die Lieferungen ab Dienstag einzustellen, wenn nicht Schulden in Höhe von umgerechnet 975 Millionen Euro bezahlt würden. Das Ultimatum lag zunächst auf Dienstag Morgen acht Uhr, wurde nun jedoch auf 16 Uhr nachmittags verschoben.

Die russische Regierung versuchte unterdessen die Westeuropäer zu beruhigen, Lieferungen dorthin seien wegen des Streits nicht gefährdet. Vize-Ministerpräsident Turtschinow räumte derweil ein, dass sein Land Russland tatsächlich Geld schulde. Die Schulden würden unter der Bedingung beglichen, dass künftige Verträge ohne Zwischenhändler direkt mit Gazprom geschlossen würden.

Ukraine lasse sich nicht "erpressen"

Die ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko sagte indes, ihre Regierung sei nicht bereit, "für die Lieferung von russischem Gas im November und Dezember 2007 die Preise von 2008 zu bezahlen". Auch bei den Preisen für das in den ersten zwei Monaten 2008 gelieferte Gas haben die Ukraine und Gazprom jedoch unterschiedliche Vorstellungen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

Timoschenko will außerdem die Gasversorgung der Ukraine umstrukturieren: Nicht mehr über den Zwischenhändler RosUkrEnergo solle das Land sein Gas beziehen, sondern direkt von Gazprom, meinte die Ministerpräsidentin. Die Regierung lasse sich nicht auf die "Erpressung" durch den Zwischenhändler ein. RosUkrEnergo hatte den Preisanstieg damit erklärt, dass das Unternehmen wegen des harten Winters das Gas nicht billig in Usbekistan oder Kasachstan hätte einkaufen können. So habe es teureres Gas aus Russland gekauft.

Nur Gas aus Russland würde gestoppt

Präsident Viktor Juschtschenko wird am Dienstag zu politischen Gesprächen in Moskau erwartet. Dabei geht es neben den Gaslieferungen vor allem um den von der Ukraine angestrebten Nato-Beitritt, den Russland strikt ablehnt. Juschtschenko hatte zuvor dazu aufgefordert, den Streit schnell beizulegen.

Die Ukraine bezieht etwa ein Viertel ihrer Gasimporte aus Russland, der Rest kommt aus Zentralasien. Alle Lieferungen erfolgen jedoch über Leitungen, die durch Russland führen. Gazprom erklärte, sollte die Ukraine nicht zahlen, werde nur das Gas aus Russland gestoppt. Dabei sei es egal, ob die Ukraine die Energie nicht bezahlt oder ob jemand die Gaslieferungen geplündert habe. Bei Gazprom verstehe man zwar, dass die Ukraine nicht alle Zahlungen bis Montagabend leisten könne. Die entscheidende Frage sei aber: "Wer zahlt wem wann".

Streit um Transitgebühren

Der jüngste Streit hatte sich auch daran entfacht, dass Timoschenko höhere Transitgebühren von Russland verlangt: 80 Prozent des russischen Gases fließt so zunächst durch die Ukraine, bevor es in Europa ankommt.

Der Konflikt erinnert an den Gasstreit der beiden Nachbarn im Januar 2006. Damals stoppte Gazprom die Lieferungen und störte damit auch die Exporte nach Westeuropa. Der stellvertretende russische Ministerpräsident Sergej Iwanow beteuerte die Zuverlässigkeit seines Landes als Energielieferant. Partner könnten versichert sein, dass Russland alle seine Verpflichtungen erfülle. "Wer für das Gas bezahlt, der bekommt es auch", sagte Iwanow.

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