Es gibt Menschen, die gerne mal Quatsch erzählen. Und es gibt George Santos. Seit Wochen wird eine Behauptung des US-Abgeordneten nach der anderen als oft dreiste Lüge entlarvt. Nun stellt sich heraus, dass der nach eigenen Angaben schon seit Jahren offen homosexuelle Santos noch vor Kurzem mit einer Frau verheiratet war. Das hielt ihn aber nicht davon ab, seine Verlobung mit seinem Freund feiern zu wollen. Obwohl der gar nicht "ja" gesagt hatte.
Das geht aus Recherchen des Nachrichtenportals "Daily Beast" hervor. Demnach hatte der Abgeordnete des Repräsentantenhauses im Herbst 2014 über Facebook überschwänglich eingeladen, die Verlobung mit seinem damaligen Freund Pedro Vilarva zu feiern. "Pedro und ich haben uns entschieden, die Zahnbürsten zusammenzulegen", heißt es in dem Post. "Danke, dass ihr diesen für uns sehr wichtigen Tag mit uns feiert."
Verlobungsfeier ohne Verlobung
Doch nach Angaben Vilarvas kam es dazu nicht – weil die beiden nicht verlobt waren. "Er fragte mich dreimal. Aber ich nahm nicht an", sagte er gegenüber "The Daily Beast". "Es gab also gar keine Party oder Ähnliches. Allerdings hätte es dabei durchaus auch noch eine Hürde gegeben: Wie Reporter vor Kurzem im New Yorker Eheregister entdeckten, war der offen schwul lebende Santos zu diesem Zeitpunkt nämlich bereits seit zwei Jahren verheiratet – allerdings mit einer Frau.
Das widerspricht dem öffentlichen Aussagen des Abgeordneten vollständig. Und passt doch so gut uns Bild. Santos hatte in den letzten Wochen Unmengen an Schlagzeilen gemacht, weil immer neue Teile seiner Biografie sich als grob übertrieben oder vollständig ausgedacht erwiesen. Santos hatte behauptet, verschiedenste Unis besucht zu haben, bei denen das nicht der Fall war. Er berichtete über seine jüdischen Ahnen, stammt aber aus einer katholischen Familie aus Brasilien. Sogar über den Krebstod seiner Mutter soll er im Wahlkampf gelogen haben.
Nun also seine Ehe. Schon im Wahlkampf hatte er immer wieder seine Homosexualität betont. Und auch eine Ehe wurde in seinem Internet-Wahlkampfauftritt erwähnt. Bloß: Dort stand etwas von einem Ehemann. Diesen scheint es nach aktuellem Kenntnisstand allerdings gar nicht zu geben. Der Hinweis auf der Wahlkampfseite ist mittlerweile verschwunden.
Ehe mit Fragen
Dafür lässt seine bestätigte Ehe viele Fragen offen. Santos und die Brasilianerin Uadla Vieira, seitdem Uadla Vieira Santos, hatten dem Registereintrag nach im August 2012 geheiratet. Den Recherchen des "Daily Beast" zufolge reichte Uadla Vieira bereits wenige Monate nach der Eheschließung erstmals die Scheidung ein, nämlich im Mai 2013. Im Dezember war der Antrag wieder aufgehoben worden. Als Santos zur Verlobung einlud, war die Scheidung also wieder vom Tisch.
Schwung nahm sie erst später wieder auf: Im September 2019 ließen sich die beiden ohne Einspruch einer Seite voneinander scheiden. Das Timing war offenbar kein Zufall: Nicht einmal zwei Wochen später machte Santos seine Kandidatur für das Repräsentantenhaus offiziell.
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Nur "eine Freundin"
In seinem Freundeskreis war die Ehe allerdings offenbar auch vorher kein Thema. Santos' ehemaliger Mitbewohner Yasser Rabello lebte in den Jahren 2013 und 2014 gemeinsam mit ihm in einer New Yorker Wohnung. Vieira Santos habe er nur ein einziges Mal in dieser zeit getroffen, sagte er gegenüber "Daily Beast". Sie sei ihm von Santos als "eine Freundin" vorgestellt worden. Von der Ehe habe er erst aus den Berichten erfahren.
Warum Santos – der in Interviews betont, seit mehr als zehn Jahren offen homosexuell zu leben – mit einer Frau verheiratet war, könnte eine Aussage seines anderen ehemaligen Mitbewohners erklären. Gregory Morey-Parker hatte ebenfalls mit Santos eine Wohnung geteilt. Er solle doch eine Frau aus Brasilien heiraten, habe Santos dem ebenfalls homosexuellen Morey-Parker vorgeschlagen. "So könnte ich hier helfen, die Staatsbürgerschaft zu bekommen." Und, so Santos: Man könne damit gutes Geld verdienen.
Quellen: The Daily Beast, New York Times, New Yorker Eheregister