George W. Bush Von Ball zu Ball in die zweite Amtszeit

Im Eiltempo hat Präsident George W. Bush am Donnerstagabend die zehn offiziellen Bälle zu Ehren seiner zweiten Amtseinführung in Washington absolviert - kurz nach 22 Uhr war er schon wieder daheim. Fans und Gegner hielten länger durch.

Mit einer rauschenden Ballnacht ist die zweite Amtseinführung von US-Präsident George W. Bush zu Ende gegangen. Der frisch vereidigte Präsident und Ehefrau Laura absolvierten einen waren Ball-Marathon. Um 22.03 Uhr Ortszeit (04:03 Uhr MEZ) kehrte Bush bereits mit seiner Frau ins Weiße Haus zurück. Auf den Galas mit patriotischen Namen wie "Salute the Heroes", "Verfassung", "Freiheit", "Commander in Chief", "Demokratie", "Unabhängigkeit" und "Stars and Stripes" wurde er mit herzlichen "hoo-ahs" empfangen. Die Kapellen spielten immer wieder Lieder wie "I Could Have Danced All Night" auf. Der Konjunktiv war angebracht; Bush und seine Frau tanzten auf Ball Nr. 1 überhaupt nicht, wiegten sich beim zweiten 1 Minute und 5 Sekunden im Kreis und kürzten bis Gala Nummer fünf wieder auf 52 Sekunden ab. Gesamte Tanzzeit auf zehn Bällen: 8 Minuten, 54 Sekunden. Das hastige Tempo brachte ein Mitarbeiter des Weißen Hauses mit einer Geste auf den Punkt: Beim Verlassen des ersten Balls hob er den Zeigefinger und sagte zu Sicherheitsbeamten: "Einer weniger."

Die Nacht des "Party-Hoppings"

Laura Bush tanzte mit ihrem Mann in einem blauen und silbernen Kleid von Oscar de la Renta in die nächste Amtszeit. Die beiden Töchter Jenna und Barbara hielten sich im Hintergrund; ihre Abendgarderobe kam von Badgley Mischkas. Insgesamt waren rund 50.000 Ballgäste in Washington unterwegs, von denen etliche in ähnlichem Tempo wie die Bushs von Party zu Party eilten.

Bush beließ es auf den Galas beim Small Talk. "Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viel Vertrauen ich in die Mitglieder unseres Militärs habe", sagte er auf dem Ball Nummer eins, dem zu Ehren der Helden. Auf dem Freiheitsball sagte er den Gästen, die warmen Champagner nippten oder sich ein Fünf-Dollar-Bier genehmigten, er freue sich darauf, mit "Leib und Seele dieses Land so vielversprechend zu machen, wie es sein kann". Beim Patriotenball waren auch unzufriedene Stimmen zu hören: "Kein Fleisch, keine Shrimps. Das ist der schlechteste Ball, auf dem ich jemals gewesen bin", grantelte ein Besucher.

Bis zu 50.000 Dollar für ein VIP-Paket

Ausgelassener, länger und lauter wurde auf den vielen inoffiziellen Partys gefeiert. Die Schauspieler Joe Pantoliano und Jonathan Lipnicki moderierten auf dem ausverkauften Ball der Creative Coalition, einer überparteilichen Beratergruppe für Schauspieler, Autoren, Musiker und andere Mitglieder der Unterhaltungsindustrie. Hier trat R&B-Sängerin Macy Gray auf, und Pantoliano erklärte: "Wir feiern jeden Sieg - ob von einem Republikaner oder Demokraten." Der Eintritt kostete 1.000 Dollar, mit einem VIP-Arrangement konnte aber auch schnell ein Betrag zwischen 5.000 und 50.000 Dollar zusammenkommen.

In seiner Antrittsrede nach der Vereidigung hatte Bush zuvor seine Doktrin von der Verbreitung von Demokratie und Freiheit in der Welt erläutert. Auf den Stufen des Kapitols versprach der 58-Jährige, gegen jede Form von Tyrannei und Unterdrückung vorzugehen und die Freiheit auch in die "dunkelsten Ecken der Welt" zu bringen. Die Verbündeten forderte der US-Präsident zur Hilfe auf. Die Zeremonie mit tausenden Gästen fand unter dem Blick von Dutzenden Scharfschützen und mehr als 7000 Sicherheitskräften statt. Bei der anschließenden Militärparade protestierten Tausende von Kriegsgegnern gegen Bushs Politik. Polizisten gingen mit Schlagstöcken gegen vermummte Demonstranten vor.

Kampf gegen die Tyrannei

In seiner Rede über die Macht der Freiheit sagte Bush: "Alle, die in Tyrannei und Hoffnungslosigkeit leben, sollen wissen: Die Vereinigten Staaten werden eure Unterdrückung oder die Ausflüchte eurer Unterdrücker nicht hinnehmen. Wenn ihr für Frieden einsteht, stehen wir hinter euch." Vor Bush legte auch Vizepräsident Richard Cheney seinen zweiten Amtseid ab. Bush schwor dann um 11.58 Uhr (Ortszeit) mit der Hand auf einer alten Familienbibel den Eid auf die Verfassung. Neben ihm standen seine Frau Laura in einem weißen Mantelkostüm und die Töchter Barbara und Jenna Bush.

Bei der anschließenden Militärparade säumten Tausende von Sympathisanten, aber auch Kriegsgegnern die 2,7 Kilometer lange Paradestrecke im Zentrum Washingtons. Diese forderten Bush in Sprechchören auf, den "blutigen Krieg im Irak zu beenden". Zahlreiche Frauen trugen T-Shirts mit der Aufschrift "Präsident Bush, Sie haben meinen Sohn getötet". Andere Demonstranten forderten, dass Bush auch seine Zwillingstöchter Barbara und Jenna an die Front schickt. Bush-Kritiker hatten die aus Spenden finanzierten Kosten der Feierlichkeiten von rund 40 Millionen Dollar (gut 30 Millionen Euro) angesichts von Krieg und Flutkatastrophe in Asien scharf kritisiert.

Bushs Vereidigung von Protesten begleitet

Die Amtseinführung von US-Präsident George W. Bush ist am Donnerstag in vielen amerikanischen Städten von Protesten begleitet worden. Von San Francisco über New Orleans bis Baltimore und Washington fanden Kundgebungen von Kriegsgegnern statt. In New Orleans kamen 1.500 Personen zu einem "Jazz-Begräbnis für die Demokratie", in Louisville in Kentucky wurden die Namen amerikanischer und irakischer Kriegstoter verlesen.

"Wir feiern das amerikanische Recht, eine andere Meinung zu haben", sagte Fernsehproduzent Norman Lear bei einer Veranstaltung der Bürgerrechtsgruppe People for the American Way in San Francisco, die als Alternative zu den offiziellen Feiern stattfand. Kriegsgegner marschierten in Washington auf den Kapitolhügel, um die feierliche Vereidigung Bushs zu stören. Einige der Demonstranten trugen sargähnliche Kisten, mit denen sie an die im Irak gefallenen US-Soldaten erinnern wollten. Während der letzten Minuten von Bushs Antrittsrede waren auf den Stufen des Kapitols Sprechchöre zu hören. Der Präsident ließ sich nicht anmerken, ob er die Demonstranten hörte. Die Polizei nahm mehrere Personen fest und ließ sie nach den Feierlichkeiten wieder frei, wie die Frauenrechtsorganisation CodePink mitteilte. Ein Mitglied der Gruppe sagte, sie hätten von Kongressmitgliedern Karten für die Vereidigungszeremonie bekommen.

Merkel mahnt Gemeinsamkeit an, Bütikofer kritisierte Bush

Die Reaktionen deutscher Politiker zum zweiten Amtsantritt von Präsident Bush war gespalten: CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat eine neue Einheit zwischen Europa und den USA angemahnt. "Ich hoffe auf eine neue Gemeinsamkeit zwischen den USA und Europa, denn nur gemeinsam können wir den Herausforderungen in der globalen Welt und angesichts des internationalen Terrors meistern", sagte Merkel der "Bild"-Zeitung. Gerade am Beispiel der internationalen Hilfsmaßnahmen in den Flutgebieten Südostasiens könne man sehen, wie viel bewegt werden könne, wenn Europäer und Amerikaner zusammenarbeiteten. Anders der Bundesvorsitzende der Grünen, Reinhard Bütikofer, der die Antrittsrede von US-Präsident George W. Bush scharf kritisierte. In der N24-Sendung "Studio Friedman" sagte Bütikofer: "Die Rhetorik von George Bush ist außerordentlich zweischneidig, weil sie in der Lage ist, den großen Wert der Freiheit in den Dreck zu ziehen. Amerika ist für Demokratie im Irak in den Krieg gezogen. Am Ende ist auch nicht ansatzweise was Ähnliches dabei herausgekommen." Bütikofer betonte weiter: "Die große Parole der Freiheit wird gehijakt für eine Politik, die am Ende weniger als Freiheit produziert. Das unterstelle ich Bush."

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