Großbritannien Terrornetz der Doktoren?

Nach den Anschlägen von London und Glasgow hat die Polizei acht Verdächtige festgenommen. Sechs davon seien Ärzte oder Klinikmitarbeiter, berichten britische Medien. Das Schlagwort vom "Terrornetzwerk der Doktoren" macht die Runde.

Fast alle acht Terrorverdächtigen, die im Zusammenhang mit den versuchten Anschlägen in Großbritannien festgenommen wurden, sind nach Zeitungsberichten Mediziner. Sechs von ihnen seien als Ärzte oder medizinische Mitarbeiter im staatlichen Gesundheitswesen des Königreichs beschäftigt gewesen, berichtete der "Daily Telegraph" am Dienstag.

Auf Grund dieser Erkenntnisse sollten nun die Regeln für die Einstellung von ausländischen Medizinern überprüft werden. Mehr als 6000 der rund 240.000 in Großbritannien tätigen Ärzte hätten ihre Ausbildung in Ländern des Nahen Ostens erhalten, berichtete die "Daily Mail". Viele von ihnen seien "nur oberflächlich" überprüft worden.

Nach Angaben der "Financial Times" gehen die Ermittler der Frage nach, ob ein "Netzwerk ausländischer Doktoren verantwortlich ist für die fehlgeschlagenen Bombenattacken in London und Glasgow" am vergangenen Freitag und Samstag.

Indischer Arzt unter den Verdächtigen

Als bislang achter Terrorverdächtiger wurde ein indischer Arzt in Australien festgenommen. Der 27-Jährige Mohammed Haneef sei am Montagabend am Flughafen Brisbane mit einem Hinflugschein nach Indien gestoppt worden, berichtete die Polizei. Der Inder hatte bis vor zehn Monaten an einem Krankenhaus in Liverpool gearbeitet. Dort hatten die Fahnder am Sonntag einen 26-jährigen Arzt im Praktikum festgenommen, der ebenfalls aus Indien stammt.

Zuvor hatte die Polizei nach eigenen Angaben den aus dem Irak stammenden Arzt Bilal Abdullah (27) festgenommen. Er soll am Samstag versucht haben, mit einem Komplizen einen brennenden Geländewagen in die Halle des Flughafens von Glasgow zu fahren. Abdullah und ein weiterer Arzt - der aus Jordanien Mohammed Asha (26) - wurden am Dienstag von Anti-Terror-Spezialisten in London verhört.

Am vergangenen Wochenende wurden in London zwei Autobomben gefunden, die noch rechtzeitig entschärft werden konnten. Es besteht die Vermutung einer Verbindung zu dem Anschlag in Glasgow.

6000 Polizisten im Einsatz

Um der anhaltenden Gefahr terroristischer Anschläge in Großbritannien zu begegnen, sind inzwischen rund 6000 bewaffnete Polizisten auf Straßen und öffentlichen Plätzen im Sondereinsatz. Während befürchtet wird, dass immer noch mutmaßliche Bombenattentäter unerkannt sind, werden nach Behördenangaben vom Dienstag im Königreich hunderte Veranstaltungen und öffentliche Plätze besonders geschützt.

Insgesamt gehe es um mehr als 900 "stark belebte Orte", erklärte Innenministerin Jacqui Smith am Vortag im Unterhauses. Zu den potenziellen Angriffszielen gehören nach Angaben der Zeitung "Daily Telegraph" landesweit rund 450 Sportereignisse - darunter mehrere von internationaler Bedeutung wie das Tennis-Turnier in Wimbledon - sowie etwa 400 Kulturstätten und große Einkaufszentren.

Auch für "Live Earth"-Konzert besteht Terrorgefahr

Zu den Großveranstaltungen gehört die traditionelle Ruderregatta auf der Themse bei Henley unweit von London und die Eröffnungsfeier der Tour de France am 6. Juli in London und das Formel-1-Rennen vom 6. bis 8. Juli in Silverstone nördlich von London.

Von großer Symbolkraft - und deshalb besonders geschützt - wird der zweite Jahrestag der Selbstmordanschläge im Londoner Verkehrsnetz sein. Am 7. Juli 2005 hatten vier Attentäter mit Rucksackbomben in drei U-Bahnen und einem Bus insgesamt 52 Menschen mit sich in den Tod gerissen.

Das "Live Earth"-Rock-Konzert vor zehntausenden Fans im Wembley-Stadion und die Finalkämpfe der Wimbledon-Turniers und der Henley-Regatta stehen ebenfalls unter erhöhter Terrorgefahr.

DPA
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