Als Donald Trump 2016 zum Präsidenten gewählt wurde, reichte ihm dank des US-Wahlsystems ein hauchdünner Vorsprung von 80.000 Stimmen in drei Bundesstaaten, um Hillary Clinton zu schlagen und ins Weiße Haus einzuziehen. Ähnlich knapp könnte wohl auch der nächste Urnengang 2020 enden und das Zünglein an der Waage wären, wie so oft, die so genannten "Independents". Das sind diejenigen, die sich nicht dem einen bestimmten politischen Lager zugehörig fühlen und entsprechend variabel ihre Stimmen verteilen. Und diese Wählergruppe könnte den Demokraten nun Kopfschmerzen bereiten.
Unabhängige lehnen Amtsenthebung ab
Denn laut einer neuen Umfrage lehnt plötzlich eine Mehrheit dieser "Independents" ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump ab – ein abrupter Stimmungswechsel. Vor wenigen Wochen hatten diese Wähler das so genannte Impeachment mit 48 Prozent befürwortet, nun liegt die Zustimmungsrate nur noch bei 43 Prozent. Der Umschwung ist auch deswegen erstaunlich, weil seit der letzten Befragung so gut wie alle Zeugen im Rahmen der Impeachment-Ermittlungen den US-Präsidenten weiter belastet hatten. Formal betrachtet spricht also mehr für die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens als dagegen, aber möglicherweise verfängt mittlerweile Trumps Sichtweise, der die Ermittlungen als Hexenjagd bezeichnet.
Auch über alle Wählergruppen hinweg ändert sich die Einstellung gegenüber dem Amtsenthebungsverfahren. Hatte seit Anfang Oktober noch die Mehrheit der Amerikaner das durch die Opposition vorangetriebene Verfahren begrüßt, liegen die beiden Lager nun ganz dicht (46,3 Prozent Ja, 45,6 Prozent Nein) beieinander. Ironischerweise ist es ausgerechnet das Lager der regierenden Republikaner, also die potentiellen Trump-Unterstützer, in dem die Zustimmung für das Verfahren noch (leicht) wächst. Bei Demokraten und den Unabhängigen geht sie dagegen zurück.
Gute Nachrichten für Donald Trump
Der US-Präsident wird diese Zahlen gerne hören. Denn seine mögliche Amtsenthebung hängt nicht so sehr davon ab, ob die bisherigen Zeugenaussagen tatsächlich zu einer Anklage führen, dass Verfahren also eingeleitet wird. Vielmehr ist der Prozess ein politischer und nicht so sehr ein juristischer. Viele Beobachter gehen zwar davon aus, dass ausreichend Beweise für ein Fehlverhalten Trumps vorliegen – vor allem nach der Aussage des hochrangigen Botschafters Gordon Sondland. Doch letztlich entscheidend ist der Senat, in dem die Republikaner die Mehrheit haben. Bislang gilt es als unwahrscheinlich, dass die konservativen Senatoren ihren eigenen Präsidenten absägen. Das wird sich kaum ändern, wenn auch die Stimmung in der Bevölkerung gegen eine Amtsenthebung ist.

Eine gescheiterte Amtsenthebung dürfte dem US-Präsidenten im heraufziehenden Wahlkampf helfen. Es wäre bereits der zweite "Sieg" in seinem Dauerclinch mit Behörden und der Opposition. Erst im Frühjahr wurde die Untersuchung des US-Sonderermittlers Robert Mueller in der Russland-Affäre folgenlos beendet. Mueller hatte zwar zahllose Hinweise gefunden, dass Donald Trump versucht hatte, die Ermittlungen zu behindern, doch gleichzeitig vertritt der frühere FBI-Chef die Ansicht, dass ein amtierender Präsident nicht vor den Kadi gezogen werden könne. Trump ist damals ungeschoren davongekommen und könnte es auch ein zweites Mal schaffen.
Quellen: Emerson Polling, "The Hill", FiveThirtyEight, RealClearPolitics, DPA, AFP