Hintergrund Verfassung für Europa

Die "Verfassung für Europa" soll die Europäische Union fit für die Aufnahme von zehn neuen Mitgliedstaaten im nächsten Jahr machen und ihre Handlungsfähigkeit erhalten.

Den Entwurf des EU-Konvents für eine europäische Verfassung haben die EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag zum ersten Mal begutachtet. Die "Verfassung für Europa" soll die Europäische Union fit für die Aufnahme von zehn neuen Mitgliedstaaten im nächsten Jahr machen und ihre Handlungsfähigkeit erhalten. Sie schreibt Ziele, Zuständigkeiten sowie Organe der Union fest und umfasst die Grundrechte-Charta.

Der Entwurf sieht die Einführung einer Doppelspitze und das Ende der halbjährlich wechselnden Präsidentschaft vor. Die Staats- und Regierungschefs wählen demnach für zweieinhalb Jahre einen EU-Ratspräsidenten, das Europaparlament den Kommissionspräsidenten. Zudem soll ein europäischer Außenminister ernannt werden. Die Kommission soll von 2009 an nur noch aus 15 stimmberechtigten Kommissaren bestehen, so dass nicht mehr jeder Mitgliedstaat ständig in dem Gremium vertreten ist.

Ziel: mehr Demokratie, mehr Transparenz

Ziel des von Valery Giscard d’Estaing geleiteten Konvents war es, die EU demokratischer, transparenter und effizienter zu gestalten. Die nationalen Parlamente sollten stärker in den Entscheidungsprozess eingebunden werden.

In welchen EU-Politikfeldern es künftig Mehrheitsentscheidungen geben wird, ist noch unklar. Dies will der Konvent bei einer letzten Sitzung vom 9. bis 11. Juli klären. Dass es aber in der Außenpolitik Mehrheitsentscheidungen geben wird, ist angesichts des Widerstands Großbritanniens unwahrscheinlich.

Stimmengewichtung und Subsidiarität

Der Verfassungsentwurf enthält auch zwei Protokolle - eines über die künftige Stimmengewichtung im Ministerrat und eines über die Subsidiarität. Auf die Festschreibung des Prinzips, dass die EU nur regeln soll, was sie besser als die Nationalstaaten regeln kann, hatte vor allem Deutschland gedrängt. Künftig können auch die nationalen Parlamente gegen Regelungen vor dem Europäischen Gerichtshof klagen, die ihrer Ansicht nach das Subsidiaritätsprinzip verletzen.

Übergabe des Dokuments

Giscard übergab den EU-Chefs in Porto Karras das 68seitige Dokument, an dem der Konvent aus Delegierten der EU-Kommission, des Europaparlaments, der nationalen Regierungen und der nationalen Parlamente 16 Monate lang gearbeitet hat. Auf dem Gipfel wollten die EU-Chefs beschließen, dass der Verfassungsentwurf "eine gute Ausgangslage" für die im Herbst beginnende Regierungskonferenz ist. Die Verhandlungen in der Regierungskonferenz wollen die Staats- und Regierungschefs sowie die Außenminister selbst in die Hand nehmen.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte zuvor davor gewarnt, den Kompromiss wieder aufzuschnüren. Unzufrieden mit dem Ergebnis zeigten sich jedoch Irland, Schweden, Spanien und Österreich. Die Verhandlungen sollen noch vor der Europawahl im Juni 2004 abgeschlossen werden.