Nach einer Massen-Geiselnahme südlich von Bagdad haben irakische Sicherheitskräfte das Dorf Madain nach sunnitischen Extremisten durchsucht, die mehrere Dutzend Schiiten in ihre Gewalt gebracht haben sollen. 15 schiitische Familien seien in der Nacht zum Sonntag nach einem kurzen Gefecht befreit worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Dabei seien fünf Geiselnehmer festgenommen worden. Insgesamt sollen sich bis zu 100 Einwohner Madains in der Gewalt der Extremisten befinden.
Laut Berichten von Anwohnern fordern die sunnitischen Geiselnehmer, alle Schiiten müssten den konfessionell gemischten Ort verlassen. Andernfalls würden die Geiseln getötet. Andere Anwohner des 25 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen 1.000-Seelen-Dorfes erklärten indes, es seien gar keine Geiseln genommen worden.
Extremisten stürmten Moschee
Nach Angaben des Obersten Rates für eine Islamische Revolution (SCIRI), einer schiitischen Partei, hatten die Extremisten am Donnerstagabend zunächst die Moschee von Madain angegriffen. Anschließend seien 100 Vermummte durch den Ort gefahren und hätten zwischen 35 und 100 Schiiten als Geiseln genommen, überwiegend Jugendliche und alte Männer.
Bei einer Parlamentssitzung in Bagdad forderten schiitische Abgeordnete ein entschlossenes Vorgehen gegen die Geiselnehmer. "Was in Madain abläuft, richtet sich gegen die Einheit des irakischen Volkes", sagte der Abgeordnete Schirwan al Waili.
Anschläge im ganzen Land
Anschläge und Rebellen-Angriffe in verschiedenen Landesteilen kosteten am Wochenende mindestens 20 Menschen das Leben. Der schwerste Anschlag ereignete sich am Samstagmittag in Bakuba: Dort explodierte in einem vollbesetzten Restaurant eine Bombe und tötete neun Menschen.
Bei einem Angriff auf einen US-Militärstützpunkt bei Ramadi wurden am späten Samstagabend drei amerikanische Soldaten getötet und sieben weitere verletzt, wie die US-Streitkräfte am Sonntag mitteilten. Ein weiterer Soldat starb am Samstag nach einem Angriff auf seinen Konvoi bei Tadschi, ein fünfter erlag Verletzungen, die er am Freitag bei einem Angriff auf einen Militärstützpunkt bei Tikrit erlitten hatte. Seit Kriegsbeginn im März 2003 verloren mehr als 1.550 US-Soldaten im Irak ihr Leben.
Bei einem weiteren Anschlag auf einen US-Militärkonvoi am Sonntag kamen drei einheimische Zivilisten ums Leben, wie die Polizei im nordirakischen Dorf Al Bardschija mitteilte. In Kirkuk töteten Aufständische am Samstag einen irakischen Polizisten und zwei Soldaten.
In Mossul wurden nach US-Angaben bei zweitägigen Razzien 27 mutmaßliche Aufständische festgenommen. Die irakische Polizei nahm überdies einen Geistlichen der einflussreichen sunnitischen Vereinigung muslimischer Gelehrter fest, dem Kontakte zu Aufständischen vorgeworfen werden.
Leichen von 41 Kuwaitern in Massengrab entdeckt
In einem Massengrab im Südirak sind die Leichen von 41 Kuwaitern entdeckt worden, die vermutlich während des Golfkriegs 1991 ums Leben kamen. Das teilte der irakische Minister für Menschenrechte, Bachtjar Amin, am Samstag mit. Nach dem Angriff der irakischen Streitkräfte auf Kuwait waren insgesamt 605 Kuwaiter spurlos verschwunden, die Leichen von 190 sind mittlerweile identifiziert. Insgesamt wurden seit dem Sturz Saddam Husseins vor zwei Jahren 295 Massengräber entdeckt.