Iran USA dementieren Atombomben-Pläne

Die US-Regierung wehrt sich: Im Streit mit dem Iran setze weiter auf Diplomatie, hieß es. Am Wochenende war berichtet worden, US-Militärs hätten schon den Einsatz von Nuklearwaffen im Iran durchgespielt.

Die US-Regierung setzt im Streit über das iranische Atomprogramm weiter auf eine diplomatische Lösung, ohne eine militärische Option auszuschließen. Das betonte das Weiße Haus am Sonntag und reagierte damit auf Medienberichte vom Wochenende, in denen über angebliche Planungen Washingtons für eine militärische Intervention spekuliert wurde. Im Magazin "The New Yorker" war die Möglichkeit des Einsatzes von Atombomben gegen die unterirdischen Atomanlagen des Irans erörtert worden.

Die US-Regierung betreibe nur "normale Verteidigungs- und Geheimdienstplanungen", da Präsident George W. Bush eine diplomatische Lösung anstrebe, sagte dessen Berater Dan Bartlett. Er warnte vor voreiligen Schlüssen. Wer mehr in den formellen Planungen sehe, sei falsch informiert.

Planspiele zeigen große Risiken auf

Eine am Wochenende veröffentlichte Studie sowie Berichte der "Washington Post" und der US-Zeitschrift "The New Yorker" belegen zwar umfangreiche Planspiele, die sogar den Einsatz von Atomwaffen einschließen, verweisen aber auch auf die großen Risiken im Fall eines Konflikts mit dem Iran.

Kurzfristig sei ein Angriff der USA auf den Iran unwahrscheinlich, schreibt die "Washington Post" unter Berufung auf Regierungskreise und Experten. Es gebe viele Zweifel, ob Militärschläge überhaupt sehr effektiv wären, das sie das iranische Atomprogramm wohl nur verzögern könnten, berichtet das Blatt. Den USA drohten aber dann weltweit eine neue Welle öffentlicher Ablehnung, vor allem in der islamischen Welt.

Überlegungen sollen Iran den Ernst der Lage verdeutlichen

Die Angriffsüberlegungen dienten allerdings auch dazu, Teheran den Ernst der Lage deutlich zu machen, zitierte die Zeitung hohe Beamte. Die USA wollen, wie der Westen, eine nukleare Aufrüstung des Irans verhindern. Der Nationale US-Sicherheitsrat stufe den Iran als "die größte Herausforderung" für die USA weltweit ein, so die Zeitung.

Der angesehene Autor Seymour Hersh berichtete im "New Yorker" über US-Planungen, die auch einen nuklearen Angriff auf den unterirdischen Uran-Anreicherungsbetrieb in Natans erwögen. Präsident George W. Bush hoffe, dass ein nachhaltiges Bombardement die religiöse Führung des Iran demütigen und einen Volksaufstand provozieren würde.

"Was haben die geraucht?"

"Ich war schockiert und habe mich gefragt: Was haben die geraucht?" wird ein namentlich nicht genannter Ex-Pentagon-Experte zitiert. "Es ist eine wachsende Überzeugung der US-Militärs, dass es Bush in der atomaren Auseinandersetzung mit dem Iran letztendlich um einen Regimewechsel geht", heißt es in den vorab veröffentlichten Auszügen des Beitrags. Bush habe im Geheimen bereits Gespräche mit wichtigen US-Abgeordneten und Senatoren - unter ihnen mindestens ein Demokrat - über die Iran-Pläne geführt.

Im Weißen Haus werde der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad als ein potenzieller Adolf Hitler angesehen, schreibt der Autor unter Berufung auf einen früheren hochrangigen Geheimdienstbeamten. Ein Regierungsberater habe berichtet, dass bereits jetzt geheime US-Kommandos im Iran mit dortigen Minderheiten zusammenarbeiteten, wobei es letztendlich um die Destabilisierung des Regimes gehe.

Die Probleme mit dem Iran seien nur lösbar durch einen Machtwechsel, das aber bedeute Krieg, habe ein wichtiger Berater des Pentagons berichtet. Eben dies bestärke aber den Iran in der Überzeugung, dass nur Atomwaffen das Land von einem US-Angriff schützen könnten, so die Einschätzung des Verteidigungsexperten. Es gebe allerdings Widerstand bei einigen US-Militärs gegen die Pläne des Weißen Hauses. Enthüllungsjournalist Hersh war vor zwei Jahren der erste Journalist, der über die Gefangenen-Misshandlungen im US- Militärgefängnis von Abu Ghreib im Irak berichtete.

Eine 53-seitige Studie des angesehenen Zentrums für strategische und Internationale Studien (CSIS) in Washington kommt zu dem Ergebnis, dass alle Aktionen gegen den Iran enorme Unwägbarkeiten beinhalteten. Die Wissenschaftler Anthony Cordesman und Khalid al Rodhan warnen, dass weder Sanktionen noch Militäraktionen eine Garantie wären, "einen wirklich entschlossenen Iran" davon abzuhalten, Massenvernichtungswaffen zu produzieren und die gesamte Region zu destabilisieren".

Unvorhersehbare Vergeltungsschläge

Ausführlich werden in der Studie zahlreiche Angriffszenarien bis hin zum Einsatz von 2500 Raketen sowie Attacken gegen alle Nuklearanlagen, Technologiezentren und Häfen beschrieben. Die Wissenschaftler meinen aber, dass selbst bei einem massiven Einsatz des US-Militärapparats Iran zu schmerzhaften und unvorhersehbaren Vergeltungsschlägen - möglicherweise mit biologischen Waffen - in der Lage sein könnte.

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DPA/AP