Für Netanel Raisch ist es ein epochaler Krieg, noch immer. Raisch ist Kolonnenführer der Givati-Brigade der israelischen Armee. Seit die Bodenoffensive im Gazastreifen begann, pendelt der Reservist zwischen Zuhause und Front. Seine Frau und die fünf Kinder sieht er nur selten, seine Firma für Systeme zur Kontrolle von Trinkwasserqualität macht Verluste. Zweifel am Einsatz hat Raisch trotzdem nicht.
"Israels Geschichte steht an einem Wendepunkt", sagt er, als der stern ihn Ende vergangener Woche auf dem Handy erreicht. Er sitzt am Steuer, unterwegs nach Süden, Richtung Chan Junis im Gazastreifen, wo seine Einheit stationiert ist. Vor ein paar Wochen waren Raisch und seine Männer an der spektakulären Befreiung zweier Geiseln im benachbarten Rafah beteiligt, eine der seltenen Erfolgsmeldungen dieses längsten Feldzugs der israelischen Streitkräfte seit den 1980er-Jahren.
"Wenn mich später meine Kinder oder Enkel nach dieser Zeit fragen", sagt Raisch, "dann will ich ihnen sagen können: Ich habe alles getan, um meinem Land beizustehen. Diesem Land, das meine Eltern und Großeltern aufgebaut haben." Vor einigen Jahren hat Raisch das Geburtshaus seiner Großmutter in Berlin-Neukölln besucht. Kurz nach der "Kristallnacht" war ihr in letzter Minute die Flucht nach Palästina geglückt.
Einen Wendepunkt scheint der Krieg im Gazastreifen tatsächlich erreicht zu haben – wenn auch anders, als Netanel Raisch es für richtig hält.