Die israelischen Luftangriffe auf den Iran als Antwort auf iranische Raketenangriffe auf Israel haben international besorgte Aufrufe zur Deeskalation ausgelöst. Knapp vier Wochen nach den iranischen Raketenangriffen griff die israelische Luftwaffe in der Nacht zu Samstag nach eigenen Angaben mehrere militärische Ziele im Iran an. Iranische Atom- und Ölanlagen waren aber offenbar nicht betroffen.
Nach iranischen Angaben wurden bei den israelischen Angriffen zwei iranische Soldaten getötet. Ansonsten habe es nur "begrenzte Schäden" gegeben, erklärte der Iran. Die iranische Luftabwehr bestätigte Angriffe im Umkreis von Teheran und in zwei an den Irak grenzenden Provinzen, Chusestan (Südwesten) und Ilam (Westen). Die israelische Armee griff nach eigenen Angaben iranische Produktionsstätten von Raketen sowie Luftabwehrsysteme an. Israel habe die Ziele "aus einer Reihe von möglichen Zielen ausgesucht" und könne auch andere wählen "falls nötig", sagte Armeesprecher Daniel Hagari.
Bundeskanzler Scholz warnt Iran und Israel vor weiteren Angriffen
Die israelischen Luftangriffe lösten weltweit Sorge aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte die Führung in Teheran vor jeder weiteren Eskalation. "Meine Botschaft an den Iran ist klar: Es darf nicht immer weitergehen mit massiven Reaktionen der Eskalation. Das muss jetzt ein Ende haben", erklärte Scholz am Samstag im Onlinedienst X.
Scholz hob hervor, Israel habe versucht, "Personenschäden" zu vermeiden. "Damit bietet sich die Möglichkeit, eine weitere Eskalation zu vermeiden." Auch aus dem Auswärtigen Amt, wo am Samstagnachmittag in Berlin der Krisenstab tagen sollte, hieß es, durch diese "israelische Antwort auf die iranischen Raketenangriffe geht wieder ein Fenster für diplomatisches Vorankommen in Nahost und Libanon auf".
Die USA betonten Israels "Recht auf Selbstverteidigung" mit Blick auf die iranischen Angriffe vom 1. Oktober. Sie forderten zugleich den Iran auf, "seine Angriffe auf Israel einzustellen, damit dieser Kreislauf der Gewalt ohne weitere Eskalation beendet werden kann", wie der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington, Sean Savett, sagte. Die US-Regierung hatte Israel zuvor vor möglichen Angriffen auf Atom- und Ölanlagen im Iran gewarnt. Aufrufe zur Deeskalation kamen auch aus Großbritannien, Frankreich und Russland.
Arabische Länder besorgt
Die Länder der arabischen Welt, darunter Saudi-Arabien, der Irak und Jordanien, sowie die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas verurteilten das israelische Vorgehen. Die Vereinigten Arabischen Emirate äußerten "tiefe Besorgnis" über die anhaltende Eskalationen und deren Auswirkungen auf die regionale Sicherheit und Stabilität. Das omanische Außenministerium sprach von einem "eklatanten Verstoß" gegen die iranische Souveränität. Die anhaltenden israelischen Angriffe drohten die Region weiter zu destabilisieren. Ähnlich äußerte sich Katar. Die Führung des Golfstaates rief alle Parteien zur Zurückhaltung auf.
Russland, selbst im Krieg mit der Ukraine, sprach von einer "wirklichen Bedrohung der Stabilität und Sicherheit der Region". Moskau fordere alle Seiten auf, "die Gewalt zu beenden und zu verhindern, dass sich die Ereignisse zu einem katastrophalen Szenario entwickeln", erklärte Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa. Das Land unterhält enge Beziehungen zum Iran und verfolgt im Nahen Osten eigene Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen.
Die Europäische Union sagte, sie erkenne zwar das Recht Israels auf Selbstverteidigung an, rufe aber alle Parteien "zu äußerster Zurückhaltung" auf, um eine "unkontrollierbare Eskalation" im Nahen Osten zu vermeiden. So hieß es am Samstag in einer Erklärung der 27 EU-Mitgliedstaaten. Eine solche Eskalation liege "in niemandes Interesse". Der "gefährliche Kreislauf von Angriffen und Vergeltungsmaßnahmen" berge die Gefahr einer weiteren Ausweitung des regionalen Konflikts, hieß es in der Erklärung weiter. Die EU sei nach wie vor "fest entschlossen", die wachsenden Spannungen in der Region abzubauen und zur Deeskalation beizutragen.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich "zutiefst beunruhigt" über die Lage. Über seinen Sprecher Stéphane Dujarric teilte er mit, er wiederhole "dringend seinen Appell an alle Parteien, alle militärischen Aktionen einzustellen, auch im Gazastreifen und im Libanon". Guterres forderte "maximale Anstrengungen, um einen umfassenden regionalen Krieg zu verhindern und auf den Weg der Diplomatie zurückzukehren".
Eskalationsspirale dreht sich weiter
Der Iran hatte am 1. Oktober etwa 200 Raketen auf Israel abgefeuert, von denen die meisten abgefangen wurden. Er reagierte damit auf die Militäroffensive Israels gegen die pro-iranische Hisbollah-Miliz im Südlibanon und die Tötung von deren Chef Hassan Nasrallah. Israel hatte dem Iran anschließend mit einer "tödlichen, präzisen und überraschenden" Reaktion gedroht.

Bereits am 13. April hatte der Iran erstmals von seinem Staatsgebiet aus Israel mit Raketen angegriffen. Auch in diesem Fall wurde der größte Teil der Raketen von Israel mit Unterstützung verbündeter Staaten abgefangen. Wenige Tage später kam es zu Explosionen in der iranischen Region Isfahan, die weithin als israelische Vergeltungsaktion gewertet wurden.
Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor gut einem Jahr ist auch der Konflikt zwischen Israel und dem Iran eskaliert. Der Iran unterstützt die schiitische Hisbollah im Südlibanon, die wiederum mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen verbündet ist.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Seither geht die Israel massiv militärisch im Gazastreifen gegen die Hamas und seit einigen Wochen auch gegen die Hisbollah im Libanon vor.