Kelly-Affäre Brisantes BBC-Tonband sorgt für Wirbel

Die BBC besitzt ein Tonband von einem Interview mit dem Waffenexperten David Kelly, in dem dieser große Besorgnis über die Irak-Politik der Regierung von Tony Blair äußerte.

Die BBC besitzt ein brisantes Tonband von einem Interview mit dem Waffenexperten David Kelly, in dem dieser große Besorgnis über die Irak-Politik der Regierung von Tony Blair äußerte und sogar von "Besessenheit" sprach. Nach Berichten vom Mittwoch soll das Band Lordrichter Brian Hutton für seine Untersuchung über die Umstände, die zum Selbstmord Kellys führten, ausgehändigt werden. Der Inhalt des Bandes legt nach den Berichten nahe, dass die Regierung ein umstrittenes Geheimdienstdossier über die Gefahr Saddam Hussein tatsächlich aufgebauscht haben könnte.

Interview im Juni gesendet

Die BBC-Journalistin Susan Watts hatte nach den Angaben ein Gespräch mit dem früheren UN-Waffeninspekteur Kelly aufgezeichnet, dessen Inhalt sie im Juni ohne Angaben zur Person Anfang Juni in ihrer Sendung Newsnight verwendete. Dabei ging es auch um die von der Regierung in dem Geheimdienstbericht veröffentlichte Behauptung, Saddam könne innerhalb von 45 Minuten Massenvernichtungswaffen einsatzbereit in Stellung bringen.

Regierung "besessen"

Watts zitierte die Quelle mit den Worten, die Regierung sei "besessen davon, Geheimdienstinformationen über unmittelbare Bedrohungen durch den Irak zu finden." Weiter hieß es: "Sie suchten verzweifelt nach Informationen, sie übten Druck aus, um Informationen zu bekommen, die veröffentlicht werden konnten." Die Stellungnahme zu den Massenvernichtungswaffen seien "außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit" gewesen.

Nach dem Tod Kellys hatte die BBC bestätigt, dass er die Quelle für drei ihrer Journalisten bei Berichten über Geheimdienstberichte zum Irak gewesen sei. Nach Ansicht des "Guardian" ist das Tonband der Grund für die BBC, warum sie sich hinter ihre Journalisten stellte und der Kritik der Regierung nicht nachgab.

Informationen aufgebauscht

Die Aufzeichnung stützt den umstrittenen Bericht des BBC-Reporters Andrew Gilligan. Unter Berufung auf den namentlich nicht genannten Kelly hatte auch Gilligan berichtet, dass die Regierung Geheimdienst- Informationen über die vom Irak ausgehende Gefahr aufgebauscht habe. Die Regierung hatte dies zurückgewiesen.

Verteidigungsminister Hoon unter Druck

In der Affäre um den Tod Kellys war Verteidigungsminister Geoff Hoon am Vortag zunehmend unter Druck geraten. Er soll nach Medienberichten seinen Pressesprechern selbst die Erlaubnis dafür gegeben haben, Kellys als Quelle für den BBC-Bericht an die Öffentlichkeit zu bringen. So geriet Kelly ins Kreuzfeuer der Politik und der Medien. Es wird allgemein angenommen, dass dies zu seinem Entschluss sich umzubringen, beigetragen hat. Hoons Position wurde dadurch weiter geschwächt, dass Premierminister Tony Blair jede Verantwortung für das Bekanntwerden von Kellys Identität von sich wies.

DPA