In Brasilien, mitten im Regenwald, berät die Welt über Lösungen gegen die Klimakrise. Wie läuft es und woran hakt es? Über den stern-Blog bleiben Sie auf dem Laufenden.
Der diesjährige Klimagipfel könnte symbolischer kaum sein: Vom 10. bis 21. November trommelt der Gastgeber Brasilien Delegierte aus knapp 200 Staaten mitten im Amazonas zusammen. Der tropische Regenwald gilt als eines der verletzlichsten Ökosysteme und damit als Spiegel von allem, was bei der globalen Klimapolitik gerade schiefläuft.
Seit dem Abkommen von Paris hat keine Klimakonferenz mehr Durchbrüche gebracht. Das 1,5-Grad-Ziel von damals gilt als gerissen und unerreichbar. Unterdessen steigen die Emissionen weiter und befeuern Umweltkatastrophen, wie Dürren, Hitzewellen, Starkregen und Überschwemmungen.
Politisch scheint ein Kipppunkt erreicht: Immer mehr Länder schrauben ihre klimapolitischen Ambitionen zurück oder wenden der internationalen Klimadiplomatie den Rücken. Prominentestes Beispiel: die USA. Kaum eine Region der Welt spiegelt diese Misere so deutlich wie der Amazonas Regenwald, der seinem Kipppunkt immer näher rückt.
Ausgerechnet hier, in der Großstadt Belém, sollen Lösungsansätze gegen die Klimakrise wachsen.
Verfolgen Sie Debatten und Ergebnisse des UN-Klimagipfels in Brasilien im stern-Blog:
Wichtige Updates
Christine Leitner
Newsom teilt gegen Trump aus
Bei der 30. UN-Klimakonferenz glänzen die USA mit ihrer Abwesenheit. Zumindest fast. Gavin Newsom wird die Lücke füllen. In Belém will er ein Zeichen für den Klimaschutz setzen – ein klarer Seitenhieb gegen Donald Trump, für den der Klimawandel nicht existiert. Bei einer von dem US-Thinktank Milken Institute organisierten Veranstaltung in São Paulo verurteilte Newsom gestern die zunehmende "Dummheit" der Klimapolitik der US-Regierung. Dies gelte aber nicht für "meinen Staat Kalifornien". Kalifornien will bis zum Jahr 2045 "klimaneutral" werden - also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als es kompensieren kann.
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Christine Leitner
Beim Geoengineering gibt es ganz viele verschiedene Möglichkeiten. Dabei geht es darum, das Klima bewusst mithilfe technischer Mittel zu beeinflussen, um die globale Erwärmung zu bremsen oder zu stoppen. Die Ideen reichen von der Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und der Speicherung des Treibhausgases im Boden oder unter den Meeren bis hin zur Kühlung des Planeten, indem der Stratosphäre – der zweiten Schicht in der Erdatmosphäre – Schwefelteilchen hinzugefügt werden. Meine Kollegin Elena Matera hat diese Methode in einem Beitrag erklärt und auch, warum das alles so umstritten ist:
Ein deutscher Klimaforscher bringt das Thema Geoengineering auf der COP30 ins Gespräch. Ottmar Edenhofer sagt, es wäre an der Zeit, "CO2 aus der Atmosphäre zu entziehen". Möglich wäre dies mit technischen Filtern, Bioenergie zusammen mit der Abscheidung von CO2 und die anschließende Einlagerung in geologischen Formationen und Biokohle.
„Diese Option, dass wir die Temperaturkurve zurückbiegen können, heißt nicht, dass wir darauf verzichten können, drastisch CO2 zu reduzieren. Denn erstens sind diese Technologien teuer, zum Zweiten ist die Kapazität begrenzt. Das alles geht viel zu langsam, aber man sollte jetzt nicht den Eindruck erwecken, es passiert überhaupt nichts.“
Ottmar Edenhofer, Direktor am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
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Christine Leitner
Äthiopien wird Gastgeber der COP32
Welches Land im kommenden Jahr den UN-Klimagipfel ausrichtet, ist noch unklar. Dafür steht schon der Gastgeber für das Jahr 2027: Das ostafrikanische Land Äthiopien wird die Konferenz veranstalten, genauer in der Hauptstadt Addis Abeba, ließ der Präsident des diesjährigen Gipfels COP30, André Corrêa do Lago, gestern verlauten. Die formelle Bestätigung werde heute erwartet.
Demnächst müsste auch die Entscheidung für die COP31 fallen. Beworben haben sich die Türkei und Australien. Sollten sie sich nicht einigen können, würde die Konferenz in Bonn stattfinden, dem Sitz des UN-Klimasekretariats.
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Christine Leitner
Die Klimakonferenz, so mein Eindruck, steht ganz im Zeichen der Indigenen. Sie wollte Brasiliens Präsident Lula da Silva unbedingt an den Verhandlungstischen haben – wegen ihrer Symbiose mit den bedrohten Regenwäldern. Damit Sie es sich besser vorstellen können, hier ein paar Bilder:
Indigene Aktiviste an Bord der "Amazon Flotilla", mit der sie über 3000 Kilometer auf dem Amazonas-Fluss zur Weltklimakonferenz nach Brasilien gefahren sind.Larissa Schwedes / DPA
Hier strömen Indigene zu dem extra für sie errichteten Pavillon auf dem Konferenzgelände.Joshua A. Bickel / AP / DPA
Mitglieder indigener Gemeinschaften bei einer Plenarsitzung der COP30.Fernando Llano / AP / DPA
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Christine Leitner
Indigene reisen 3000 Kilometer per Schiff zur COP30
Heute in den frühen Morgenstunden – europäischer Zeit wohlgemerkt – hat auch eine Gruppe indigener Aktivisten den Klimagipfel erreicht. Warum sie sich verspätet haben? Es lag wohl am Transportmittel: Die mehr 60-köpfige Crew ist 3000 Kilometer per Schiff von den Anden bis in den Amazonas gereist.
„Wir sind in Ecuador gestartet und dann nach Peru, Kolumbien und Brasilien gereist, um die verschiedenen Realitäten der Gebiete in diesem fragilen Ökosystem, dem Amazonas, kennenzulernen und zu verstehen.“
Aktivist Leo Cerda
Worum es den Aktivisten geht: das Ende der fossilen Ära, Schutz der Wälder (und gewissermaßen ihrer Lebensgrundlage) sowie mehr Geld für den besonders stark vom Klimawandel betroffenen Globalen Süden.
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Christine Leitner
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser! In Belém ist es gerade kurz vor sechs, viele Teilnehmer der Klimakonferenz dürften gerade noch in den Federn liegen. Für manche dürfte es eine kurze Nacht (gewesen) sein. Gestern Abend demonstrierten Aktivisten, vor allem Indigene, für strengere Klimaschutzmaßnahmen und den Schutz des Amazonasgebietes. Einen kleinen Eindruck sehen Sie hier:
Diese Schlangenpuppe mit der Aufschrift "a gente cobra" ("wir fordern Maßnahmen") trugen die Aktivisten während ihres Protests durch Belém.Allison Sales / DPA
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Christine Leitner
Bad in der Menge oder besser: in der Presse. Brasiliens Präsident Lula da Silva hat vor der COP30 viel dafür getan, dass sein Land möglichst ambitioniert und klimafreundlich herüberkommt. Allerdings lohnt dafür auch ein Blick auf Brasiliens Klimapolitik.
Luiz Inacio Lula da Silva in der Mitte zwischen Dutzenden Kameramenschen.Kay Nietfeld / DPA
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Christine Leitner
Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva richtet sich zu Beginn der COP30 mit einer Kampfansage an die Leugner der Erderwärmung. Auf dieser "Konferenz der Wahrheit" gehe es auch darum, sich der Desinformation zur Klimakrise entgegenzustellen, sagt der linke Politiker in Belém. "Es ist jetzt an der Zeit, den Leugnern eine neue Niederlage zuzufügen." Unter anderem hatte US-Präsident Donald Trump die Erderwärmung einen "Schwindel" genannt.
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Christine Leitner
„Die Wissenschaft wird wirklich nervös. Verliert die Erde ihre Widerstandsfähigkeit? Wird ihre Kühlleistung geschwächt?“
PIK-Direktor Johann Rockström
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Christine Leitner
Vor wenigen Wochen habe ich mit Hartmut Graßl gesprochen. Er ist einer der führenden Klimawissenschaftler Deutschlands und war der erste Klimaberater der Bundesregierung. In unserem Gespräch hat er viel Mut gemacht. "Die Menschheit wird nicht aussterben, weil sich das Klima ändert", sagte er und Energieministerin Reiche könne nichts mehr gegen die Energiewende ausrichten.
Von der COP30 tönt dagegen wissenschaftlicher Pessimismus. Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Johan Rockström, äußert sich beunruhigt: "Wir brauchen keine weiteren Verhandlungen über Regeln. Diese COP, und alle zukünftigen, muss liefern." Selbst wenn alle Klimaschutzpläne aller Staaten umgesetzt werden, dürfte der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 nur um etwa fünf Prozent sinken, sagt er. Dies müsse aber Jahr für Jahr erreicht werden. "Bis 2030 müssen die Emissionen um 40 bis 45 Prozent gesenkt werden." Das wird sportlich.
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Christine Leitner
Das Pariser Klimaziel ist unerreichbar, daran gibt es eigentlich keinen Zweifel. Trotzdem sind Politiker und Wissenschaftler überzeugt: Ohne, wäre alles noch viel schlimmer geworden. Und weil die Welt ohnehin wieder einmal im Klimalarmismus versinkt, nutzt der UN-Klimachef Simon Stiell den Start der COP30 in Brasilien für ermutigende Worte. "Zu klagen ist keine Strategie", betont er. Das vor zehn Jahren geschlossene Pariser Klimaabkommen habe dazu geführt, dass der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase gebremst worden sei, sagt er vor dem Plenum in der brasilianischen Millionenstadt Belém im Amazonasgebiet. Doch wolle er nichts schönreden:
„Wir brauchen Lösungen. Wir müssen viel, viel schneller werden – sowohl beim Runterfahren der Emissionen, als auch bei der Stärkung unserer Widerstandskraft.“
Simon Stiell
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Christine Leitner
Erinnern Sie sich noch an das Drama, weil es die brasilianische Präsidentschaft versäumt hatte, genügend Unterkünfte in Belém für die Teilnehmer der COP30 bereitzustellen? Die Großstadt ist komplett überrannt, die Zimmerpreise explodierten, weil auch die arme, teils ohne richtiges Dach überm Kopf hausende Bevölkerung von dem Run internationaler Teilnehmer profitieren wollte (und wer könnte es ihr verübeln?!). Damit die Teilnehmer nicht im Dickicht des Amazonas campieren müssen, hat Brasilien zwei Kreuzfahrtschiffe umfunktioniert. Den Anblick wollten wir Ihnen nicht vorenthalten:
Die Kreuzfahrtschiffe "MSC Seaview" und die "Costa Diadema" aus Europa im Flusshafen Outeiro. Sie sollen Beléms Bettenproblem lösen. Platz hätten auf ihnen 6000 Menschen. Für die kommenden zwei Wochen nächtigen hier 50.000 Teilnehmer der COP30.Oswaldo Forte / Imago
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Christine Leitner
Die Ozeanriesen sehen auf den ersten Blick komfortabel aus – und sind es auch, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Bars, Restaurants und Swimmingpools stehen zur freien Verfügung. Nur die Casinos haben zu. Pro Nacht und Kabine zahlen die Bewohner 519 Euro. Delegierte aus ärmeren Ländern bekommen einen Rabatt. Und es gibt noch eine Wermutstropfen: Die Anfahrt zum Veranstaltungsort der COP3 ist 20 Kilometer lang und dauert mit dem Bus eine Dreiviertelstunde. Es wäre nicht verwunderlich, wenn der ein oder andere dem Luxus auf dem Dampfer frönt, anstatt sich zu den langwierigen Verhandlungen karren zu lassen.
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Christine Leitner
Die europäische Delegation ist nicht mit leeren Händen nach Brasilien gereist: Die Europäer hatten sich vor genau einer Woche noch einmal zusammengesetzt und sich auf ein verbindliches Klimaziel für 2040 geeinigt. Demnach sollen die Treibhausgasemissionen der Union bis dahin um 90 Prozent gesenkt werden – verglichen mit 1990. Der Haken daran: Den Mitgliedsstaaten bleibt selbst überlassen, wie sie das umsetzen. Bis zu fünf Prozentpunkte können die Länder mit CO2-Zertifikaten kompensieren. Faktisch bedeutet das, dass die Länder nur 85 Prozent ihrer Emissionen einsparen müssen. Zudem wurde eine Klausel beschlossen, nach der Teile der Vereinbarung regelmäßig überprüft werden sollen, nicht aber das Klimaziel selbst.