Kritik am Mediengesetz Ungarn scheint einzulenken

Im Streit über das neue Mediengesetz deutet Ungarn an, möglicherweise einzulenken. Die EU hatte die Eingriffe in die Freiheit der Medien stark kritisiert.

Im Streit über das neue ungarische Mediengesetz hat die Regierung des Landes ein mögliches Einlenken angedeutet. Als Mitglied der Europäischen Union werde sein Land eine eventuelle Überprüfung des Gesetzes durch Brüssel akzeptieren, sagte Ministerpräsident Viktor Orban am Donnerstag. Er bedauerte zugleich den mit der Diskussion verbundenen "schlechten Start" seines Landes in die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft.

"Wir haben ein Gesetz beschlossen, das wir für vollständig in Ordnung halten, und alle Welt kritisiert uns", beklagte Orban. Daher solle nun die EU über das weitere Vorgehen entscheiden. Gleichzeitig betonte er, dass "Franzosen oder Deutschen" kein Urteil über die Vereinbarkeit ungarischen Rechts mit EU-Vorgaben zustehe. Die kritischen Kommentare beider Länder seien "voreilig und unnötig" gewesen. Ungarn mische sich auch nicht in die Medienpolitik anderer Staaten ein.

Außerdem sei im Fall eines Verfahrens gegen Ungarn zu prüfen, ob die Mediengesetze anderer EU-Staaten dem Gemeinschaftsrecht genügten, sagte Orban. Ungarn dürfe gegenüber anderen Mitgliedern nicht "diskriminiert" werden. "Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der Vorgaben eines ungarischen Gesetzes geändert werden müssen, die in anderen Ländern nicht geändert werden müssen", fügte der Ministerpräsident hinzu. Das neue Mediengesetz seines Landes sei denen anderer EU-Staaten ähnlich.

Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs hatten das Gesetz in den vergangenen Tagen kritisiert. Die für digitale Medien zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes hatte bereits vor Weihnachten in einem Brief an Budapest Zweifel an der Rechtmäßigkeit des am 1. Januar in Kraft getretenen Gesetzes angemeldet. Vor allem äußerte sie Bedenken hinsichtlich des neu eingerichteten Medienrats, dem mehrere Mitglieder der Regierungspartei angehören. Das Gremium kann Medien wegen "nicht ausgewogener" Berichterstattung mit hohen Geldbußen von bis zu 200 Millionen Forint (720.000 Euro) belegen.

Auch der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Martin Schulz, äußerte Bedenken gegen das Gesetz. Der Verdacht liege nahe, "dass sich eine Regierung mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament in einem Machtrausch Rechte aneignet, die einem Recht zur Zensur gleichkommen", sagte Schulz dem Berliner "Tagesspiegel" vom Freitag. Nachdem das Gesetz inzwischen auf Englisch vorliege, habe er den Innenausschuss des Europaparlaments um eine Sondersitzung gebeten. Dieser solle das Gesetz auf seine Vereinbarkeit mit der Grundrechtecharta und den Medienrichtlinien der EU prüfen.

Orban gab zu, dass er sich einen besseren Beginn der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft am 1. Januar gewünscht hätte. "Wir haben uns nicht gewünscht, so anzufangen", sagte er. Für Freitag wird die EU-Kommission zu einem Treffen mit der ungarischen Regierung in Budapest erwartet, bei dem EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nach eigenen Angaben auch über das Mediengesetz sprechen will.

AFP
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