Die israelische Luftwaffe hat nach Angaben einer Menschenrechtsgruppe den letzten bedeutenden Transportweg für Hilfsgüter in die südlibanesische Hafenstadt Tyrus zerstört. Die einzig verbliebene Brücke über den Fluss Litani bei Kasmijeh sei zerbombt worden, sagte ein Vertreter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF). Nun könne ein Konvoi mit Lebensmitteln, Medizin und Benzin nicht mehr wie geplant nach Tyrus fahren.
Keine Sicherheit für Hilfsorganisationen
Das Militär habe der Organisation zudem mitgeteilt, dass für die an dem Konvoi beteiligten Mitarbeiter keine Sicherheitsgarantien abgegeben werden könnten. "Wenn wir weitermachen, dann auf unser eigenes Risiko", sagte der MSF-Vertreter. Die Gruppe denke aber dennoch darüber nach, die Hilfslieferungen am Flussbett abzuladen und dann per Hand auf die andere Seite zu schaffen.
Die Brücke befand sich etwa zehn Kilometer nördlich von Tyrus, wo zuletzt besonders stark gekämpft worden war. Generell werfen Hilfsorganisationen Israel vor, ihnen während des inzwischen fast vier Wochen andauernden Libanon-Kriegs den Zugang zu den Krisengebieten zu erschweren. Erst am Sonntag hatte ein israelischer Luftangriff nur knapp einen UN-Hilfskonvoi verfehlt. Dabei wurden zwei Zivilisten getötet.
Eine Millionen Menschen auf der Flucht
Die andauernden Angriffe führten laut der Hilfsorganisation Caritas International zum Zusammenbruch der Wirtschaft im Libanon. Der Caritas-Leiter Martin Salm sagte am Montag im Südwestrundfunk (SWR), bereits jetzt gebe es kaum noch Verkehr und kaum noch Handel. Bis zu eine Million Menschen, ein Viertel der Gesamtbevölkerung, seien auf der Flucht. "Ihre Lage ist wirklich verzweifelt. Es wird kaum Rücksicht genommen", kritisierte Salm. Das Schlimmste sei die Traumatisierung dieser Menschen, insbesondere der Kinder, sagte Salm.
Die israelische Armee plant einem Zeitungsbericht zufolge weitere Angriffe auf die libanesische Infrastruktur sowie auf Symbole der libanesischen Regierung. "Wir sind in einem Prozess der weiteren Eskalation", zitierte die Zeitung "Haaretz" am Montag einen Offizier im Generalstab. Um welche Ziele es sich dabei handeln könnte, sagte der Offizier nicht.
Gefechte toben weiter
Auch am Montagmorgen haben israelische Kampfflugzeuge in den frühen Morgenstunden Angriffe auf Ziele in Beirut und Südlibanon geflogen. In dem südlibanesischen Dorf Ghassanijeh sind nach Angaben von Rettungskräften sechs Zivilisten unter den Trümmern ihres bombardierten Hauses ums Leben gekommen. Zwei weitere Mitglieder der Familie seien verletzt worden. Aus Angst vor weiteren Luftangriffen konnten die Retter zunächst nicht nach den Verschütteten suchen. Am Himmel kreisten noch immer die Kampfflugzeuge, sagten sie.
Auch im Nordosten des Libanons weitete Israel seine Luftangriffe in der vergangenen Nacht aus. Mindestens vier Explosionen wurden Augenzeugen zufolge im Umkreis der historischen Stadt Baalbek im Bekaa-Tal vernommen. Die Region gilt als Hochburg der schiitischen Hisbollah-Miliz.
Raketenwerfer zerstört
Am Sonntag wurde außer dieser Stadt auch die 20 Kilometer südlich gelegene Region Raschaja bombardiert. Diese bildet den Korridor, der das Bekaa-Tal mit dem südlichen Libanon verbindet. Erklärtes Ziel Israels ist es, der Hisbollah die Verbindungswege abzuschneiden.
In der südlibanesischen Ortschaft Kana zerstörte die israelische Luftwaffe nach Militärangaben genau die Raketenwerfer, die für die jüngsten Hisbollah-Angriffe auf Haifa genutzt wurden. Israelische Kampfjets hätten zudem eine weitere Abschussvorrichtung für Raketen nördlich der libanesischen Hafenstadt Tyrus zerstört. Bei den Angriffen starben mindestens 19 Zivilisten und ein libanesischer Soldat.
Wie es weiter hieß, drangen auch Bodentruppen in das Gebiet um Tyrus vor und zerstörten sieben Abschussrampen für Langstreckenraketen. Dabei sei es zum Nahkampf mit der Hisbollah gekommen. Drei Milizionäre seien getötet worden, israelische Soldaten seien nicht zu Schaden gekommen. Der Hisbollah-Sender Al Manar berichtete, Milizionäre hätten eine vorrückende israelische Einheit nahe der Ortschaft Hula überfallen.
Beim Beschuss von Haifa, der drittgrößten israelischen Stadt, wurden am Sonntagabend drei Menschen getötet und Dutzende verletzt. Insgesamt starben bei Raketenangriffen der Hisbollah-Miliz am Sonntag 15 Menschen.