US-Präsident George W. Bush ist bemüht, den internationalen Druck auf Syrien wegen der im Libanon stationierten syrischen Truppen aufrecht zu erhalten. Die Ankündigung Syriens, die Truppen teilweise abzuziehen, hatten die USA zuvor als unzureichend und "halbherzig" kritisiert.
Die syrischen Truppen halten sich bereits seit 1976 im Libanon auf. Ein Jahr nach Ausbruch des Bürgerkrieges, hatte der damaligen christlich-maronitischen Präsidenten Suleiman Frandschieh sie zu Hilfe gerufen, um die Maroniten vor Muslims und Palästinensern zu schützen. Im Vertrag von Taif, der 1989 das Ende des 15-jährigen Bürgerkriegs einleitete, hatte Syrien zugesagt, seine Truppen innerhalb von zwei Jahren auf die Bekaa-Ebene und an seine Grenze zurückzuziehen. Der Totalabzug war späteren Verhandlungen zwischen beiden Seiten vorbehalten. Dieser Passus aber blieb Papier.
Truppen sollen näher an die syrische Grenez rücken
Gestern hatten dann Syriens Präsident Baschar al Assad und sein libanesischer Amtskollege Émile Lahoud nach einem Treffen in Damaskus angekündigt, die noch etwa 14 000 Soldaten in Libanon bis Ende März in die Bekaa-Hochebene und damit näher an die syrische Grenze zu verlegen. Einen Termin für einen endgültigen Abzug ließen die Präsidenten aber erneut offen. Der größte Teil der syrischen Soldaten in Libanon ist bereits in der Bekaa-Ebene stationiert, nur etwa 4 000 Mann befinden sich im nördlichen und im zentralen Teil des Landes.
Syrien müsse seine Truppen vollständig aus dem Nachbarland abziehen, sagte dagegen US-Präsidenten-Sprecher, Scott McClellan. Hielte sich die Regierung in Damaskus nicht an die UN-Resolution 1559 vom September 2004, würde dies Konsequenzen nach sich ziehen. In der UN-Resolution wird der Abzug aller fremden Truppen aus dem Libanon und die Auflösung der Milizen gefordert.
Pläne stoßen international auf Kritik
Unterstützung erhielt die US-Regierung aus Frankreich und Jordanien. Laut US-Präsidialamtssprecher Trent Duffy, habe Bush in einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac vereinbart, Syrien weiter zu einem vollständigen und sofortigen Rückzug der Truppen sowie Geheimdienstmitarbeiter zu drängen. Zudem habe Bush mit dem saudi-arabischen Kronprinzen Abdullah telefoniert. Jordanien hatte sich vergangene Woche der internationalen Forderung nach einem Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon angeschlossen.
Neben Frankreich, Jordanien und den USA hat auch die israelische Regierung ihre Forderung nach einem Abzug der Truppen erneut bekräftigt. Nur unter der Voraussetzung eines vollständigen Rückzuges könne das libanesische Volk frei wählen und erstmals seit 30 Jahren eine richtige Demokratie aufbauen, so der israelische Außenminister Silvan Shalom. Freie Wahlen würden hoffentlich zu einem besseren Dialog mit dem Westen "und vielleicht auch mit Israel" führen, sagte er.
Libanesische Opposition ruft zu Demonstrationen auf
Auch die libanesische Opposition ließ von ihrer Forderungen nach einem vollständigen Truppenabzug nicht ab. Auf dem zentralen Märtyrer-Platz in der libanesischen Hauptstadt Beirut versammelten sich nach Polizeiangaben mehr als 250 000 Demonstranten und verlangten die Aufklärung des Mordes an dem früheren Regierungschef Rafik Hariri vor drei Wochen. Viele der Oppositionelle sind der Überzeugung, dass Syrien indirekt oder direkt an dem Attentat auf Hariri beteiligt war. Die Demonstranten begrüßten zwar die Vereinbarung in Damaskus mit lauten "Syrien zieht ab"-Rufen, gleichzeitig wurden aber Zweifel laut, ob damit der endgültige Abzug der Syrer besiegelt ist. Die schiitische Hisbollah rief heute dagegen in Beirut zu pro-syrischen Demonstrationen. Es wurde mit einer regen Beteiligung gerechnet.