Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat einem Medienbericht zufolge seine Einschätzung des Bürgerkriegs in Syrien vollständig revidiert. BND-Präsident Gerhard Schindler habe in einer geheimen Sitzung ausgewählte Sicherheitspolitiker unterrichtet, dass die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad derzeit so stark seien wie lange nicht, berichtete das Nachrichtenportal "Spiegel Online" am Mittwoch. Demnach seien erfolgreiche Offensiven der Regierungstruppen gegen Einheiten der Rebellen jederzeit möglich.
Noch Mitte März hatte Schindler in einem Interview gesagt, eine Niederlage Assads sei sicher. Zwar könne kein Datum genannt werden, "aber für uns steht fest, das Regime Assad wird am Ende verlieren". Inzwischen würden die Regierungstruppen aber wieder über funktionierende Nachschubwege für Waffen verfügen, auch die Versorgung mit Treibstoff für Panzer und Flugzeuge laufe wieder, sagte Schindler nun laut dem Bericht von "Spiegel Online". Zwar habe der syrische Staatschef kaum Chancen, die Aufständischen zu besiegen, er könne sie aber in Schach halten und sogar verlorenen Boden zurückgewinnen.
Die Regierungstruppen hatten jüngst mit Unterstützung der libanesischen Hisbollah-Miliz im Westen des Landes eine Großoffensive gegen die Stadt Kusseir begonnen, die seit mehr als einem Jahr von den Rebellen gehalten wurde. Die Großstädte Damaskus, Aleppo und Homs sind zwar weiterhin umkämpft, doch konnten die Aufständischen hier zuletzt kaum Boden gutmachen. Auch in den ländlichen Gebieten gelangen den Rebellen in den vergangenen Monaten kaum Erfolge.
Ziehen sich die Aufständischen in den Norden zurück?
Laut Schindler schwächen sich die Aufständischen durch interne Machtkämpfe selbst. Zudem hätten die Regierungstruppen mittlerweile fast alle Nachschubwege gekappt. Der BND erwartet laut "Spiegel Online", dass die Regierungstruppen 2013 weitere Regionen des Landes zurückerobern könnten. Setze sich der Konflikt wie in den vergangenen Wochen fort, könne die Regierung bis Ende des Jahres die Kontrolle über den gesamten Süden Syriens wiedererlangen. Den Aufständischen bleibe dann nur der Norden als Rückzugsgebiet.
Die BND-Analyse über die Strukturen der Rebellen lässt wenig Hoffnung auf ernsthafte Verhandlungen zwischen der Opposition und der Regierung in Damaskus. Demnach gibt es keine funktionierende Befehlskette zwischen den ernannten Oppositionsführern im Ausland und den Milizen in Syrien. Die Kämpfer erkennen die politische Führung nach Einschätzung des BND nicht an.