Nach zwei Schusswaffenangriffen in Serbien mit insgesamt 17 Todesopfern hat Staatschef Aleksandar Vučić eine großangelegte Entwaffnungskampagne für den Balkanstaat angekündigt. "Wir werden eine fast vollständige Entwaffnung von Serbien vornehmen", sagte Vučić am Freitag bei einer Pressekonferenz. Die Kampagne umfasse sowohl die massenhafte Überprüfung registrierter Waffen als auch ein verstärktes Vorgehen gegen illegalen Waffenbesitz. Auf diese Weise sollten hunderttausende Schusswaffen aus dem Verkehr gezogen werden.
Am Mittwoch hatte ein 13-jähriger Schüler in seiner Schule in Serbiens Hauptstadt Belgrad acht Kinder und einen Wachmann erschossen und sieben weitere Menschen verletzt. Die Polizei hatte ihn anschließend in Gewahrsam genommen. Aufgrund seines Alters ist der Täter in Serbien noch nicht strafmündig. Nach Angaben der Ermittler hatte er vor seiner Tat einen detaillierten Plan und eine Todesliste erstellt. Er wurde in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Der Vater des Schützen, ein anerkannter Arzt, dem die Tatwaffe gehörte, wurde festgenommen. Er soll am Freitag von einem Staatsanwalt angehört werden. Auch die Mutter wurde in Gewahrsam genommen.
Am Donnerstag erschoss ein Angreifer in der Nähe der Stadt Mladenovac aus einem fahrenden Auto acht Menschen und verletzte 13 weitere. Der mutmaßliche Täter wurde nach einer Großfahndung inzwischen festgenommen. Mehr als 600 Polizisten, unter ihnen Angehörige der Anti-Terror-Einheit, waren am Freitagmorgen mit Hubschraubern, Drohnen und Wärmebildkameras im Einsatz, wie die staatliche Nachrichtenagentur Tanjug berichtete. Die Motive des mutmaßlichen Schützen waren zunächst unklar. Innenminister Bratislav Gašić bezeichnete die Bluttat in der Nacht zum Freitag als "terroristischen Akt". Näheres führte er aber dazu nicht aus.
Schusswaffenangriffe innerhalb kurzer Zeit erschüttern Serbien
Die beiden Taten hatten das Land, in dem sich eigentlich selten Schusswaffenangriffe ereignen, schwer erschüttert. Vučić hatte nach dem Angriff in der Schule bereits strengere Waffenkontrollen sowie ein zweijähriges Moratorium für die Ausgabe von Waffenscheinen angekündigt.
In den Belgrader Kirchen wurden Trauergottesdienste abgehalten, das Oberhaupt der Serbisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Porfirije, nannte den Schusswaffenangriff auf die Schule eine "Katastrophe, wie sie unsere Nation und unsere Heimat nie gesehen hat". Ab Freitag gilt eine dreitägige Staatstrauer. Auch in der kroatischen Hauptstadt Zagreb und in Banja Luka, der Hauptstadt der serbischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowinas, gedachten Menschen der Toten mit Blumen und Kerzen.
Nach Regierungsangaben sind in dem 6,8-Millionen-Einwohner-Land Serbien mehr als 760.000 Feuerwaffen registriert. Auch als Folge der Jugoslawien-Kriege in den 90er-Jahren sind in der Region viele Waffen im Umlauf.
Waffen und Schießstände sind in Serbien beliebt. Allerdings ist ein Waffenschein Voraussetzung für den Besitz von Feuerwaffen.