Nahost Ärzte auf dem Weg zu Arafat

In der Nacht überschlugen sich die Meldungen: Der Gesundheitszustand von Palästinenserführer Jassir Arafat verschlechterte sich dramatisch, er musste wiederbelebt werden. Nun hat sich ein ägyptisches Ärzte-Team auf den Weg nach Ramallah gemacht.

Ein ägyptisches Ärzteteam ist am Donnerstag von Kairo nach Tel Aviv abgeflogen, um den kranken Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat in Ramallah zu behandeln. Wie am Kairoer Flughafen bekannt wurde, verzögerte sich der Abflug um zwei Stunden, da die Flughafenbehörde in Tel Aviv zunächst keine Landeerlaubnis für die Maschine geben wollte.

Das fünfköpfige Team flog mit einer Privatmaschine, die Arafat-Berater Mohammed Raschid organisiert hatte. "Wir werden ihn untersuchen und haben bisher keine Informationen über seinen Gesundheitszustand", erklärten die Ärzte vor dem Abflug. Zuvor war bereits ein jordanisches Ärzteteam in Ramallah eingetroffen.

Am Mittwochabend soll Arafat zusammengebrochen sein und für etwa zehn Minuten das Bewusstsein verloren haben. Er befinde sich in einer "sehr kritischen Situation", hieß es. Tausende Palästinenser versammelten sich in der Nacht vor dem Amtssitz in Ramallah - denn schon stellt sich die Frage, wie es in einer Ära nach Arafat weitergehen soll: Wie viele nationale Führungsfiguren hat es auch Arafat versäumt für einen Nachfolger zu sorgen und vereint alle Macht auf seine Person. Berichte, nach denen Arafat per Dekret bereits ein dreiköpfiges Notfallkomitee ernannt habe, das die Amtsgeschäfte übernehmen soll, wurden später dementiert. Ein Zeichen für den Ernst der Lage ist auch, dass der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon den seit drei Jahren dauernden Hausarrest Arafats aufhob, damit er in jedem Krankenhaus der Welt behandelt werden kann.

Nach Suppenverzehr übergeben

Am Mittwochabend wurden nach palästinensischer Darstellung Ministerpräsident Ahmed Kureia und dessen Vorgänger Mahmud Abbas zu Arafat gerufen. Ein Leibwächter berichtete später, Arafat habe während der Unterredung eine Suppe gegessen und sich dann übergeben müssen. Er sei daraufhin auf die Krankenstation seines Amtssitzes gebracht worden, wo er in Ohnmacht gefallen sei. In israelischen Regierungskreisen wurde spekuliert, ob Arafat möglicherweise einen Schlaganfall erlitten haben könnte. Arafats Sprecher Nabil Abu Rdeneh erklärte jedoch später, der Zustand des 75-Jährigen habe sich wieder stabilisiert, doch brauche er Ruhe und ständige ärztliche Aufsicht. Einige Quellen berichteten, dass der geschwächte Árafat immerhin am Morgengebet teilgenommen hat.

Rdeneh dementierte zugleich Angaben anderer ranghoher Palästinenser, wonach Arafat ein dreiköpfiges Notstandskomitee eingesetzt hat, das bis auf weiteres die Regierungsgeschäfte führen soll. Den Berichten zufolge besteht das Team aus Kureia und Abbas sowie Salim Saanun, dem Vorsitzenden des Palästinensischen Nationalrats, des 512-köpfigen Parlaments der Palästinenser. Wie es weiter hieß, soll dieses Komitee sowohl der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) als auch der Palästinensischen Autonomiebehörde vorstehen, bis sich Arafats Zustand wieder verbessert. Rdeneh erklärte jedoch, der palästinensische Präsident habe ein solches Gremium nicht eingesetzt.

Gesundheitszustand gibt schon länger Anlass zu Spekulationen

Am Amtssitz Arafats versammelten sich Dutzende palästinensische Spitzenpolitiker und Beamte, um für alle Fälle in Reichweite zu sein. Zugleich verlautete aus israelischen Regierungskreisen, Arafats Ehefrau Suha werde am Donnerstag aus Paris nach Ramallah kommen, um bei ihrem kranken Mann zu weilen. Israel werde es Arafat auch erlauben, zur medizinischen Behandlung an jeden beliebigen Ort der Welt zu reisen.

Der Gesundheitszustand des 75-Jährigen hat seit Tagen Anlass zu neuen Spekulationen gegeben. Erstmals seit Beginn des Ramadans unterbrach der palästinensische Präsident am Dienstag auf Anraten seiner Ärzte das Fasten. Berichte über eine Krebserkrankung wurden allerdings von einem Mitglied des Ärzteteams unter Verweis auf eine Blutuntersuchung zurückgewiesen. Zuvor hatte ein Krankenhausmitarbeiter erklärt, ein großer Gallenstein sei das Problem, dies sei aber leicht zu behandeln. Die Ärzte hätten Arafat geraten, den Gallenstein entfernen zu lassen.

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DPA/AP/Reuters