Nahost-Konflikt Weltweite Kritik an israelischem Angriff

Neben Syrien, China und der Arabischen Liga kritisierte auch EU-Chefdiplomat Javier Solana am Montag den Luftangriff vom Sonntag als völkerrechtswidrig. Israel sprach dagegen von einem "Akt der Selbstverteidigung".

Der israelische Vergeltungsangriff auf ein angebliches Ausbildungslager für Terroristen in Syrien ist weltweit scharf verurteilt worden. Neben Syrien, China und der Arabischen Liga kritisierte auch EU-Chefdiplomat Javier Solana am Montag den Luftangriff vom Sonntag als völkerrechtswidrig. Ein Resolutionsentwurf Syriens, mit dem Israel an künftigen Angriffen gehindert werden sollte, kam nicht zur Abstimmung.

Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder wies den Entwurf während eines Besuchs in Saudi-Arabien als unausgewogen zurück. In dem Text wird der Selbstmordanschlag von Haifa, bei dem am Samstag 19 Israelis getötet wurden, nicht erwähnt.

Dramatischer Strategiewechsel

Der israelische Angriff wurde in der Region als dramatischer Strategiewechsel im Kampf gegen palästinensische Extremisten gewertet. Die in Syrien ausgeführte Operation belege den Willen Israels, seine Feinde überall dort zu schlagen, wo sie sich aufhielten, sagte der israelische Bauminister Joseph Paritski der italienischen Zeitung "L’Unita". Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat sagte der Zeitung "La Repubblica": "Die Gewalt wird über den Ort, an dem die Zusammenstöße bisher stattfanden, hinausgetragen."

Eine abschließende Bewertung des syrischen Resolutionsentwurfes sei zwar erst möglich, wenn man den Text im Detail geprüft habe, sagte Schröder. Nach seinen bisherigen Informationen erscheine der Entwurf "nicht ausgewogen genug". Der amerikanische UN-Botschafter John Negroponte sagte nach der von Syrien beantragten Sondersitzung des Sicherheitsrates am Sonntagabend: "Es ist einfach unglaublich, dass in dem Text kein Bezug auf den heimtückischen Anschlag genommen wird." Der Interimsvorsitzende des Sicherheitsrates verschob die Abstimmung auf unbestimmte Zeit.

"Akt der Selbstverteidigung"

Israel verteidigte in der Sitzung den Luftangriff auf ein mutmaßliches Trainingslager palästinensischer Extremisten als "Akt der Selbstverteidigung". Es war der erste militärische Angriff auf syrischem Boden seit dem Jom-Kippur-Krieg von 1973. Der syrische UN-Botschafter Fajssal Mekdad warf Israel vor, sich immer wieder über das Völkerrecht hinwegzusetzen. In seinem Resolutionsentwurf wird Israel aufgerufen, Handlungen einzustellen, die zu "unkalkulierbaren Konsequenzen" führen könnten.

Zwar habe Israel das Recht, sich gegen Terrorismus zu verteidigen, sagte Solana in Rom. "Aber die Reaktion muss innerhalb internationaler Regeln und Gesetze erfolgen und sollte der Lösung des Konfliktes dienen." Zugleich verurteilte Solana den palästinensischen Selbstmordanschlag und forderte die Autonomiebehörde auf, die Gewalt zu stoppen.

Arafat ruft Notstand aus

Der palästinensische Präsident Jassir Arafat rief den Notstand aus und ernannte Ahmed Kureia zum Ministerpräsidenten und Leiter eines Notstandskabinetts. Mit der Entscheidung vom Sonntagabend will er offenbar verhindern, dass die israelische Regierung nach dem jüngsten Selbstmordanschlag gegen ihn vorgeht. Arafat sei sehr besorgt, erklärten Mitarbeiter. Kureias Kabinett soll am Dienstag vereidigt werden.

Die Hamas-Organisation kündigte weitere Anschläge in Israel an. "Jede Aggression gegen einen arabischen oder islamischen Staat ist eine Aggression gegen das palästinensische Volk", hieß es in einer Erklärung. "Wir rufen unsere Kämpfer auf, schnell auf die schwere Eskalation zu reagieren."