In Vergeltung für die jüngsten palästinensischen Anschläge haben israelische Kampfflugzeuge in der Nacht zum Dienstag Militär- und Polizei-Einrichtungen der palästinensischen Autonomiebehörde angegriffen. Wie aus den palästinensischen Sicherheitsdiensten verlautete, wurden mehrere Gebäude in den Städten Rafah und Ramallah schwer beschädigt. Mindestens sechs Palästinenser seien verletzt worden. Kurz darauf sei eine israelische Spezialeinheit in Nablus im Westjordanland eingedrungen und hätte eine palästinensische Frau und einen Mann getötet. Die berichten palästinensische Sicherheitskreise und Krankenhäuser.
Raketen auf Arafats Elitetruppe
Augenzeugen berichteten, israelische F-16-Kampfflugzeuge hätten nach Mitternacht Raketen auf Einrichtungen der Elitetruppe »Force 17« und des palästinensischen Militärgeheimdienstes in Rafah im südlichen Gazastreifen abgefeuert. Es seien mehrere Explosionen zu hören gewesen. Nach Angaben aus Krankenhäusern wurden mindestens drei Menschen durch Raketensplitter verwundet.
In Ramallah im Westjordanland wurde eine Polizeistation im Stadtviertel von El Tira zerstört. Mindestens drei Menschen hätten Verletzungen erlitten, in Teilen der Stadt sei der Strom ausgefallen.
Am Montag waren bei verschiedenen Anschlägen in den Palästinensergebieten mindestens vier Israelis und drei Palästinenser getötet worden. Am späten Abend beriet der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon mit der Militärführung über die Lage. Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt.
Zuvor erneute Selbstmordattentate
Am Nachmittag hatte ein Palästinenser an einer Straßensperre bei der Siedlerstadt Maale Adumim eine Autobombe gezündet, als er kontrolliert werden sollte. Die Sprengladung tötete ihn selbst und einen Polizisten. Der Attentäter habe vermutlich einen Anschlag im nahen Jerusalem geplant, vermuteten die israelischen Sicherheitskräfte.
Im südlichen Gazastreifen schoss am Abend ein palästinensischer Extremist auf zwei israelische Fahrzeuge und tötete drei Israelis, bevor er sich selbst in die Luft sprengte. Zu den beiden Attentaten bekannten sich die Al-Aksa-Brigaden der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Jassir Arafat.
Weitere Eskalation der Gewalt befürchtet
Später am Abend erschossen israelische Soldaten im Gazastreifen einen bewaffneten Palästinenser. Er habe versucht, in die jüdische Siedlung Morag einzudringen, meldete Radio Israel. Ein zweiter Palästinenser sei geflohen und werde gesucht.
Die israelischen Sicherheitskräfte befürchten für die kommenden Tage eine neue Eskalation der Gewalt durch palästinensische Selbstmordattentäter. Nach Medienberichten vom Montag erwarten die Geheimdienste eine Welle von Anschlägen. Die Polizei ist landesweit in höchster Alarmbereitschaft.
Über den Friedensprozess im Nahen Osten gibt es offensichtlich erhebliche Meinungsunterschiede zwischen den EU-Regierungen. Der amtierende Ratspräsident und spanische Außenminister Josep Piqué sagte in Brüssel, neue politische Perspektiven seien erforderlich, doch müssten auch Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. Das seien parallele Prozesse.
Fischer: »Waffenstillstand unbedingte Voraussetzung«
Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte dagegen vor Journalisten, Voraussetzung für alles andere sei ein Waffenstillstand. Wenn die Spirale der Gewalt und des Terrors nicht unterbrochen werde, seien alle Pläne »bedrucktes Papier«. Diese Position wurde dem Vernehmen nach vor allem vom britischen Außenminister Jack Straw unterstützt. Der Beauftragte für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana, wird in Kürze in die Krisenregion reisen.