Die Partei des radikal-rechten Populisten Geert Wilders und die linksliberale D66 liefern sich bei der Parlamentswahl in den Niederlanden ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach der neuesten, am frühen Morgen veröffentlichten Hochrechnung, die auf Auszählung von rund 90 Prozent der Stimmen beruht, hat Wilders Partei aufgeholt und liegt nun mit D66 gleichauf. Beide Parteien könnten demnach je auf 26 der 150 Sitze im Parlament kommen. Bisher hatten die Linksliberalen von Spitzenkandidat Rob Jetten zwei Sitze vor Wilders gelegen.
Die Hochrechnung des Wahldienstes der niederländischen Nachrichtenagentur ANP weicht leicht von der ersten Hochrechnung und den früheren Prognosen ab. Diese hatten die D66 vorn gesehen.
Für Wilders ist das Ergebnis dennoch ein deutlicher Verlust gegenüber der Parlamentswahl von vor zwei Jahren: Damals hatte seine Partei für die Freiheit 37 Sitze verbucht.
Niederlande: Timmermans zieht persönliche Konsequenzen
Die linksliberale D66 gilt als großer Gewinnerin der Wahl mit einem Plus von 17 Mandaten im Vergleich zur Parlamentswahl von 2023. Ihrem Spitzenkandidaten, dem 38 Jahre alten Rob Jetten, werden auch die besten Chancen eingeräumt, eine Koalition zu bilden. Denn alle großen Parteien haben eine Zusammenarbeit mit Wilders ausgeschlossen.
Wilders wurde von Reportern gefragt, ob er es im Nachhinein als Fehler betrachte, dass er die Regierung schon nach weniger als einem Jahr wieder verlassen habe. Der 62-Jährige erwiderte darauf, er habe mit dieser Entscheidung "Rückgrat bewiesen", weil seine drei Koalitionspartner die Vereinbarungen zur Asylpolitik nicht umgesetzt hätten. Natürlich hätte er sich bei der Wahl noch ein paar Sitze mehr gewünscht, aber: "Wir haben noch immer das zweitbeste Ergebnis, das wir je erzielt haben."
Nach der jüngsten Hochrechnung kann die rechtsliberale heutige Regierungspartei VVD mit 22 Sitzen im Parlament rechnen. Das rotgrüne Bündnis GroenLinks-PvdA bekommt demnach 20 Mandate. Dahinter folgen die Christdemokraten mit 18. Insgesamt könnten 15 Parteien in das Parlament in Den Haag einziehen - in den Niederlanden gibt es keine Fünf-Prozent-Hürde.
Der Spitzenkandidat von GroenLinks-PvdA, Frans Timmermans, kündigte schon kurz nach Veröffentlichung der Prognose seinen Rücktritt an. "Ich nehme heute Abend meinen Abschied als euer Parteichef", sagte er vor Anhängern in Rotterdam. "Es ist mir nicht gelungen, genug Menschen davon zu überzeugen, uns ihre Stimme zu geben." Darum wolle er die Parteiführung an einen Jüngeren abgeben, sagte der 64-jährige. Timmermans war vor zwei Jahren aus Brüssel nach Den Haag gekommen in der Hoffnung, Ministerpräsident zu werden. In Brüssel war er Vizepräsident der EU-Kommission gewesen.
Nach nur einem Jahr ließ Wilders die Koalition platzen
Die Wahl in den Niederlanden war nach dem vorzeitigen Aus der vorigen Regierung im Juni dieses Jahres nötig geworden. Diese Regierung aus vier Parteien galt als die am weitesten rechts stehende der niederländischen Geschichte. Stärkster der vier Koalitionspartner war die Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders. Dieser wurde jedoch nicht selbst Ministerpräsident. Diese Position bekleidete der parteilose frühere Spitzenbeamte Dick Schoof. Nach weniger als einem Jahr zog sich Wilders mit seiner Partei aber schon wieder aus der Regierung zurück, sodass vorgezogene Neuwahlen fällig waren.