Geschlechtergerechtigkeit Politiker in Ohio wollen "Spermavergeudung" unter Strafe stellen

Demonstranten wenden sich in Ohios Stadt Cincinnati gegen die Verschärfung von Abtreibungsregelungen
Demonstranten in Cincinnati, im US-Bundesstaat Ohio, wenden sich gegen die Verschärfung von Abtreibungsregelungen (Archivbild)
© Jason Whitman / Imago Images
In Ohio wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, der vorsieht, dass Männern, die ohne Zeugungsabsicht ejakulieren, eine Geldstrafe von bis zu 10.000 US-Dollar droht.

Es herrscht Erregung im Staate Ohio. Vornehmlich konservative Kräfte erregen sich über die Gesetzesinitiative zweier Demokraten, die Abgabe einer bestimmten Körperflüssigkeit zukünftig unter Geldstrafe zu stellen.

Der unter dem Slogan "Die Empfängnis beginnt mit der Erektion“ eingebrachte Entwurf (auf Amtsdeutsch hieße er wohl in etwa "Spermaverschwendungsverbotsverordnung", SperververVO) ist bewusst mit einem Augenzwinkern formuliert, betrifft aber einen Themenkomplex mit ernstem Hintergrund.

Gestaffelte Geldstrafen

Die Urheber der Initiative, Anita Somani und Tristan Rader, gehören beide der Demokratischen Partei an. Laut ihres Entwurfs droht allen Männern bei der ersten Übertretung der geplanten Regelung eine Geldstrafe von zunächst 1000 Dollar (950 Euro), beim zweiten Mal wären es dann schon 5000 Dollar (4700 Euro) und bei jeder weiteren Übertretung saftige 10.000 Dollar. Strafbar würde sich machen, wer "Sperma oder genetisches Material" abgibt, ohne die Absicht zu haben, "einen Embryo zu befruchten".

Was im ersten Moment ziemlich absurd klingt – fast schon wie eine Szene aus dem Monty-Python-Film "Der Sinn des Lebens" – hat einen politisch höchst umstrittenen Hintergrund. Wie das US-amerikanische Nachrichtenportal "Newsweek" berichtet, wollen die Gesetzesinitiatoren auf die derzeit geltenden und ihrer Ansicht nach gleichfalls absurden Regelungen hinweisen, die zwar den Körper von Frauen kontrollieren, nicht aber den von Männern.

Seit der Supreme Court im Juni 2022 das landesweite Recht auf Abtreibung aufgehoben hat, entstand in den USA ein rechtlicher Flickenteppich. In vielen republikanisch regierten Bundesstaaten sind Schwangerschaftsabbrüche nahezu vollständig verboten. Teils gibt es nicht einmal Ausnahmen für Vergewaltigung oder Inzest.

Initiative in Ohio soll Ungerechtigkeit anprangern

Gleichzeitig hat sich in Bundesstaaten mit liberalerer Gesetzgebung ein Netzwerk aus Medizinern und Helfern gebildet, das Frauen in Regionen mit besonders strengen Abtreibungsgesetzen mit Abtreibungsmedikamenten versorgt. Viele Betroffene verfügen weder über die finanziellen Mittel noch die Möglichkeit, in Bundesstaaten mit weniger restriktiven Regelungen zu reisen – für sie sind solche Angebote oft die einzige Option.

Die Abgeordnete Somani, die auch als Gynäkologin arbeitet, erklärte, ihr Gesetzentwurf würde dazu führen, dass Männer, die "Sperma abgeben, ohne eine Befruchtung zu beabsichtigen", mit einer Anklage wegen eines Verbrechens rechnen müssten. Ihrer Ansicht nach sollte der Gesetzgeber viel mehr solcher Gesetze wie ihres erlassen, um auch Männer für ihre Rolle bei der Zeugung gesetzlich zur Verantwortung zu ziehen. Dass Frauen aufgrund restriktiver Abtreibungsgesetze verhaftet würden und sogar stürben, sei nicht hinnehmbar.

Sie und Rader wollten auf die "lächerliche" Doppelmoral hinweisen, wenn es um die Rollen von Mann und Frau in der Schwangerschaft geht, begründet Somani ihren Vorstoß. "Wenn sich der Gesetzgeber so sehr der Regulierung des weiblichen Körpers und des weiblichen Zugangs zu Verhütungsmitteln und Abtreibungshilfe verschrieben hat, dann sollten wir auch bei Männern auf die gleiche Weise polizeilich vorgehen."

Großen Erfolg dürfte der Gesetzesinitiative nicht beschieden sein. Nach dem Parlament müsste es noch das Repräsentantenhaus passieren. Dieses ist republikanisch dominiert, daher würde das Gesetz spätestens dort abgelehnt werden. Als Mittel um die Diskussion rund um faire Abtreibungsregeln am Leben zu halten, dürfte die Initiative auf jeden Fall taugen.

Quellen:  Newsweek, "News5", mit Material der Nachrichtenagentur DPA

km