Ein pakistanisches Gericht hat einen Amtsarzt zu 33 Jahren Haft verurteilt, weil er den USA beim Aufspüren des später getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden geholfen hatte. Shakeel Afridi wurde vorgeworfen, er habe eine Impfaktion vorgetäuscht und dabei Blutproben der Bin-Laden-Familie genommen. Der Arzt sei am Mittwoch des Hochverrats schuldig gesprochen worden, sagte ein Beamter der Verwaltung des Distrikts Khyber, der anonym bleiben wollte. Richter Matahir Zeb habe Afridi außerdem zu einer Geldstrafe von umgerechnet knapp 3300 Euro verurteilt.
Bin Laden wurde vor gut einem Jahr bei einer eigenmächtigen US-Operation von amerikanischen Spezialkräften in Abbottabad getötet. Der Prozess wurde Afridi auf der Grundlage von drakonischen Gesetzen für die halbautonomen Stammesgebiete gemacht. Sie sind noch aus der britischen Kolonialzeit und erlauben unter anderem Sippenhaft. Nach diesem Recht ist der Vertreter der Zentralregierung und Verwaltungschef im Distrikt Khyber zugleich der Richter.
Da Afridi aus dem Khyber-Distrikt komme, habe man ihm dort nach diesem Recht den Prozess machen können, sagte der Verwaltungsbeamte. Afridi könne gegen das Urteil nicht in Berufung gehen. Nur der Gouverneur der benachbarten Provinz Khyber-Pakhtunkhwa - in dessen juristischen Zuständigkeitsbereich die Stammesgebiete fallen - oder der Staatspräsident könnten die Strafe erlassen.
Belastungsprobe zu Verhältnis zu USA
Dem Amtsarzt wurde vorgeworfen, er habe im Auftrag der USA bei einer vorgetäuschten Impfaktion Blutproben der Bin-Laden-Familie in ihrem Versteck im nordpakistanischen Abbottabad genommen. Er wurde vor zwei Monaten aus dem Staatsdienst entlassen.
Die Verurteilung Afridis dürfte die angespannten Beziehungen zwischen den USA und Pakistan weiter belasten. Washington hatte sich für den Arzt eingesetzt und darauf hingewiesen, dass er dabei geholfen habe, den meistgesuchten Terroristen der Welt aufzuspüren. US-Verteidigungsministerium Leon Panetta hatte im Januar gesagt, es sei "ein echter Fehler", gegen jemanden wie Afridi vorzugehen.
Hoffnung auf Ende der Blockade
Die eigenmächtige US-Operation zur Tötung Bin Ladens hat die Beziehungen zwischen Washington und Islamabad schwer belastet. Einen weiteren Rückschlag erlitten sie, als US-Soldaten im vergangenen November von afghanischem Boden aus 24 pakistanische Grenzsoldaten töteten. Als Reaktion kappte Pakistan die Nachschubrouten für die Nato in Afghanistan.
Kurz vor dem Nato-Gipfel in Chicago am vergangenen Sonntag und Montag hatte Islamabad Bereitschaft angedeutet, die Wege möglicherweise wieder zu öffnen. Daraufhin war Präsident Asif Ali Zardari zu dem Treffen in Chicago eingeladen worden. Offiziell verkündet wurde das Ende der Blockade bislang aber nicht.
Zwei Tage nach dem Nato-Gipfel in Chicago flogen die USA erneut einen Drohnenangriff auf Extremisten im Grenzgebiet zu Afghanistan. Mindestens vier Menschen seien bei dem Raketenbeschuss am Mittwoch im Stammesgebiet Nord-Waziristan getötet worden, sagte ein pakistanischer Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben wollte. Die pakistanische Regierung fordert ein Ende der Angriffe mit unbemannten Flugzeugen, was die USA ignorieren.