Palästinenser Flüchtlinge ohne Perspektiven

Mehr als vier Millionen Palästinenser leben in Flüchtlingslagern. Trotz der weit verbreiteten Bitterkeit unter ihnen wird Jassir Arafat aber kaum für das Scheitern jahrelanger Hoffnungen auf eine Rückkehr verantwortlich gemacht.

Schon seit über 50 Jahren leben palästinensische Flüchtlinge und deren Nachfahren in Lagern im Libanon sowie in Syrien, Jordanien oder den von Israel besetzten Gebieten. Der palästinensische Präsident Jassir Arafat hat ihnen stets eine Rückkehr in ihre Heimat versprochen, diesen Traum jedoch nie verwirklichen können. Die Betroffenen würdigen dennoch seinen Kampf um die Rechte der Palästinenser, die nach der Staatsgründung Israels 1948 aus ihren Häusern vertrieben wurden.

"Arafat ist das Symbol der Revolution", sagt Machmud al Hadsch Hussein Tarachan, der in einem Lager am Rande der jordanischen Hauptstadt Amman lebt. "Auch wenn er nicht mehr unter uns weilt, bleiben unsere Rechte bestehen." Der Beamte im Ruhestand hofft immer noch auf eine Rückkehr in das Gebiet seiner Vorfahren, das er stets Palästina nennt - auch wenn es sich heute um israelisches Territorium handelt.

"Dann wird die Welt uns einfach vergessen"

Andere Flüchtlinge sind da wesentlich skeptischer. "Wer immer Arafat nachfolgt, wird sich mit Israel darauf einigen, dass zwar ein palästinensischer Staat entsteht, aber selbst dort werden wir uns nicht niederlassen dürfen", meint Aschraf Maschsub aus dem Lager Schatilla im Libanon. "Und dann wird die Welt uns einfach vergessen."

Mehr als vier Millionen Palästinenser leben in den Flüchtlingslagern des Nahen Ostens - allein 350.000 von ihnen im Libanon, wo ihre Lebensbedingungen besonders hart sind. Im Gegensatz zu ihren Landsleuten in Jordanien haben sie nicht einmal die Staatsbürgerschaft ihres Gastlandes, und sie erhalten in der Regel auch keine Arbeitserlaubnis, was in Syrien kein Problem ist. Weltweit in Erinnerung sind noch die Schreckensbilder des Jahres 1982, als mit Israel verbündete libanesische Milizen in den Lagern Schatilla und Sabra hunderte Palästinenser niedermetzelten.

Bei den Verhandlungen des früheren US-Präsidenten Bill Clinton mit den Konfliktparteien im Nahen Osten wurde noch erwogen, den palästinensischen Flüchtlingen zumindest ein Niederlassungsrecht im Westjordanland und im Gazastreifen, dem Territorium eines künftigen palästinensischen Staates, zuzugestehen. Im Gegenzug sollten sie allerdings ihr Rückkehrrecht auf das Gebiet des heutigen Israels aufgeben. Doch diese Verhandlungen verliefen nach Beginn der Intifada im September 2000 im Sande.

Große Zuneigung für "Abu Ammar"

Trotz weit verbreiteter Bitterkeit unter den Flüchtlingen über ihre ungewissen Zukunftsperspektiven wird Arafat allerdings kaum für das offensichtliche Scheitern jahrelanger Hoffnungen verantwortlich gemacht. "Präsident Arafat hat für das palästinensische Volk und für die palästinensische Sache gelitten, aber angesichts der Sturheit Israels konnte er nicht viel erreichen", meint Sajed Abul Cheir aus dem Gazastreifen.

Ähnlich sieht es auch Auni Schartarat aus dem Lager bei Bekaa in Jordanien: "Abu Ammar ist von seinem Volk immer bewundert worden, weil er immer volksnah geblieben ist und sich für unsere Belange eingesetzt hat." Mit dem Namen Abu Ammar, der noch aus der Zeit des Guerillakampfes stammt, bringen die Palästinenser ihre besondere Zuneigung für Arafat zum Ausdruck.

"Abu Ammar hat uns gelehrt, tapfer, standhaft und geduldig zu sein", sagt denn auch der 36-jährige Maschsub aus Schatilla. Und er erinnert sich noch genau daran, wie er als Neunjähriger einen Besuch Arafats in seinem Lager miterlebt hat: "Ich werde niemals sein breites Lächeln vergessen. Und ich denke immer noch an seine Worte an uns Kinder und Jugendliche: 'Ihr seid die Zukunft. Ihr werdet Palästina einmal befreien'."

AP
Donna Abu-Nasr/AP