Paris Unruhen alarmieren die Regierung

Die Pariser Vorstädte kommen nicht zur Ruhe. In der siebten Nacht in Folge kam es zu Zusammenstößen zwischen Jugendlichen und der Polizei; erstmals wurden auch Unbeteiligte angegriffen. Nun gerät die Regierung, allen voran der umstrittene Innenminister Nicolas Sarkozy, unter Druck.

In den Vorstädten der französischen Hauptstadt ist es auch in der siebten Nacht in Folge wieder zu Ausschreitungen jugendlicher Randalierer gekommen. Erneut wurden Autos angezündet und Polizisten mit Steinen angegriffen. In Bobigny, nordöstlich von Paris, wurde ein Einkaufszentrum teilweise verwüstet, die etwa 40 vermummten Randalierer griffen Verkäuferinnen tätlich an. Wie die Polizei am Mittwochabend berichtete, ging in der Nähe ein vor der Präfektur stehendes Auto in Flammen auf. Jugendliche Gewalttäter versuchten, eine Polizeistation in Brand zu stecken. In Blanc-Mesnil ging eine Sporthalle in Flammen auf.

Etwa 500 Polizisten waren aufgeboten, um nach den Nächten mit eskalierender Gewalt für Ruhe zu sorgen. In der Nacht zum Mittwoch hatten Gewalttäter 128 Autos angesteckt. Premierminister Dominique de Villepin sagte wegen der Krise kurzfristig eine Kanadareise ab. Innenminister Nicolas Sarkozy verzichtete auf Reisen nach Afghanistan und Pakistan.

Mit der Eskalation der Gewalt wächst der Druck auf die französische Regierung, rasch wieder für Ordnung zu sorgen. Ein Gewerkschaftsvertreter forderte Innenminister Nicolas Sarkozy auf, in den betroffenen Gebieten eine Ausgangssperre zu verhängen, damit die Gewalt nicht weiter außer Kontrolle gerät.

"Problemviertel vom Gesindel säubern"

Der Gleichberechtigung-Minister Azouz Begag kritisierte Sarkozy, der unter anderem angekündigt hatte, die Problemviertel mit einem "Hochdruckreiniger" von dem "Gesindel" zu säubern. Statt "kriegerischer Worte" sei eine Beruhigung der Lage angebracht, sagte Begag.

Jean-Louis Borloo, Minister für Soziale Gerechtigkeit, forderte, kein einseitiges Bild von den Vororten zu zeichnen. "Man darf keine Sekunde daran glauben, dass dies das wahre Leben in diesen Vierteln ist", sagte er dem Sender France 2. "Sie sind ein integraler Bestandteil unseres Landes. In diesen Viertel werden die meisten Unternehmen gegründet."

Präsident Jacques Chirac hatte zuvor die erhitzten Gemüter am Mittwoch zur Besonnenheit gemahnt. In den Problemvierteln müsse "das Gesetz streng geachtet werden, allerdings im Geist des Dialogs und Respekts", sagte der konservative Staatschef. Beobachter sahen darin auch eine Zurechtweisung Sarkozys, der wegen seiner harten Wortwahl für die Eskalation der Gewalt mitverantwortlich gemacht wird.

Sarkozy forderte für die hauptsächlich von Einwanderern aus Nord- und Schwarzafrika bewohnten Viertel mit hoher Arbeitslosigkeit aber auch mehr soziale Gerechtigkeit. "Die Jugendlichen dort wollen keine Wohltätigkeit. Sie wollen Arbeit finden und etwas aus sich machen", sagte der Minister. Gleichzeitig müsse man durchgreifen: "Dort gilt allzu oft das Recht von Banden, Drogendealern und Schwarzhändlern." Soziologen erklärten den Gewaltausbruch mit der Verzweiflung junger Leute, die sich von der Gesellschaft und Arbeitswelt ausgeschlossen sähen. Im Fernsehen waren vermummte Jugendliche zu sehen, die nachts islamische Parolen riefen.

Die Welle der der gewalttätigen Ausschreitungen hatte in der Nacht zum vergangenen Freitag begonnen, nachdem in Clichy-sous- Bois zwei Jugendliche, die offenbar auf der Flucht vor der Polizei über die Absperrung eines Transformators geklettert waren, tödliche Stromschläge erlitten hatten.

DPA
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