Zum 15. Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmen-Platz hat die chinesische Regierung Gedenkveranstaltungen an das Blutvergießen weitgehend unterbunden. Der Platz im Herzen Pekings, der vor 15 Jahren Schauplatz von wochenlangen Studentenprotesten war, war von einem Großaufgebot von Polizei in Uniform und Zivil streng abgesichert. Mindestens 13 Menschen wurden am Freitagmorgen festgenommen. Im Ausland gedachten Exilchinesen mit Nachtwachen, Protestzügen und Hungerstreiks des blutigen Vorgehens der Streitkräfte gegen Studenten und andere Anhänger der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989. Bei dem Massaker wurden mehrere hundert, möglicherweise sogar tausende Menschen getötet.
Augenzeugen berichteten von verschiedenen kleineren Zwischenfällen und Protesten, bei denen die Polizei einige Personen aufgegriffen und abgeführt habe. Worum es bei den Protesten genau ging, blieb unklar, da die Polizei sofort eingriff. Einmal wurde eine Frau abgeführt, bei einem anderen Zwischenfall protestierte ein Mann lauthals und mit den Armen fuchtelnd. Er und fünf andere in seiner Nähe wurden laut Augenzeugen in Polizeigewahrsam genommen und in Polizeiwagen weggebracht. Der 15. Jahrestag des Massakers war begleitet von strengen Sicherheitsvorkehrungen und starker Nervosität der Staatssicherheitsbehörden. Tausende Touristen ließen sich von der massiven Polizei-Präsenz jedoch nicht abhalten.
Hausarrest für Aktivisten
Bereits vergangene Woche hatten Behörden Aktivisten und Verwandte der vor 15 Jahren Getöteten festgenommen oder aus Peking ausgewiesen. Der renommierte Militärarzt Jiang Yanyong, der nicht nur im vergangenen Jahr zur Aufdeckung der Sars-Epidemie beigetragen, sondern jetzt auch zu einer Neubewertung der Protestbewegung aufgerufen hatte, war mit seiner Frau verschwunden. Sicherheitskräfte unterbanden am Freitag öffentliche Gedenkveranstaltungen an das Massaker und die Opfer. Zusätzliche Polizisten waren im Einsatz, sie mischten sich teilweise in Zivil unter die Menge auf dem Tiananmen-Platz. Das Programm des US-Senders CNN, das in Hotels und Wohnanlagen von Ausländern ausgestrahlt wird, wurde bei Berichten über das Massaker mehrfach unterbrochen.
Hungerstreik und Nachtwachen zum Gedenken
In Hongkong wollten am Freitagabend tausende Menschen mit einer Nachtwache des Blutvergießens gedenken. In Washington wurde an den Jahrestag bereits seit Dienstag mit einem Hungerstreik vor der chinesischen Botschaft erinnert. „Wir sollten nicht nur dasitzen und auf eine Veränderung warten. Wir warten seit 15 Jahren, und nichts ist passiert“, sagte Liu Junguo, der an den Demonstrationen teilgenommen hatte und jetzt in den USA lebt, kritisch. Wu’er Kaixi, ebenfalls einer der Demonstranten, betonte, trotz enormer wirtschaftlicher Fortschritte in China sei die politische Lage noch immer das größte Problem.
Die chinesische Regierung hatte ihr Vorgehen kurz vor dem Jahrestag erneut verteidigt: Die Niederschlagung der Proteste habe es China „ermöglicht, seine Wirtschaft zu entwickeln“, erklärte das Außenministerium Anfang der Woche.