Die neue polnische Regierung von Donald Tusk will die öffentlich-rechtlichen Medien formell auflösen, aber die Arbeitsplätze erhalten. "Nach der Entscheidung von Polens Präsidenten, die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien auszusetzen, habe ich beschlossen, die Unternehmen TVP, das polnische Radio und die Nachrichtenagentur PAP in Liquidation zu überführen", schrieb Kulturminister Bartlomiej Sienkiewicz am Mittwoch auf der Plattform X. So könne das weitere Funktionieren dieser Medien gesichert und ihre Umstrukturierung fortgesetzt werden.
Polen streitet seit Jahren über die öffentlich-rechtlichen Medien
Mit diesem Schritt geht der Streit zwischen dem neuen und dem alten Regierungslager um die öffentlich-rechtlichen Medien in die nächste Runde. In der vergangenen Woche hatte Sienkiewicz mit einem Schlag die gesamte Führung der Öffentlich-Rechtlichen gefeuert. Die Regierung Tusk wirft den Medien vor, sie hätten in den vergangenen Jahren unter der inzwischen abgewählten nationalkonservativen PiS-Regierung Parteipropaganda verbreitet. Auch internationale Organisationen hatten die einseitige Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen kritisiert.
Am Samstag hatte Polens Präsident Andrzej Duda, der der PiS angehört, sein Veto gegen ein Gesetz der Regierung von Tusk eingelegt, das die Subventionierung der Öffentlich-Rechtlichen mit umgerechnet 690 Millionen Euro vorsah. Duda begründete seinen Schritt damit, dies sei eine Umgehung der Verfassung und ein Bruch mit rechtsstaatlichen Prinzipien. Er forderte, die öffentlich-rechtlichen Medien müssten zunächst gründlich und im Einklang mit dem Recht wieder instand gesetzt werden.

Nach den Wahlen im Oktober hatten der neue pro-europäische Ministerpräsident Donald Tusk und seine Bündnispartner vor zwei Wochen in Warschau die Regierung übernommen. Opposition und Nichtregierungsorganisationen hatten der zuvor regierenden PiS-Partei immer wieder vorgeworfen, in ihren acht Jahren an der Macht die Medienfreiheit mehr und mehr einzuschränken, erhebliche Finanzmittel in die staatlichen Medien zu schleusen und diese zu Sprachrohren der rechtsnationalistischen Regierungspropaganda umgebaut zu haben.
Die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hatte etwa 2020 festgestellt, dass einseitige Berichterstattung und "Hassreden" bei den staatlichen Medien in Polen an der Tagesordnung seien. Die Staatsmedien seien in "Propaganda-Sprachrohre der Regierung" verwandelt worden. In ihrem Bericht 2023 stellte die Organisation fest, dass die PiS-Regierung auch verstärkt versuche, private Medien unter ihre Kontrolle zu bringen.