Prozess gegen Punk-Band in Russland Putin fordert milde Strafe für Pussy Riot

Überraschende Wendung im Prozess gegen die russische Paun-Band Pussy Riot: Der Kremlchef höchstpersönlich interveniert und fordert Milde. Auch die Kirche schlägt plötzlich sanftere Töne an.

Kremlchef Wladimir Putin hat sich nach Protesten gegen den Moskauer Prozess um die Punk-Band Pussy Riot gegen eine zu harte Strafe für die drei angeklagten Frauen ausgesprochen. "Ich denke nicht, dass sie dafür zu hart verurteilt werden sollten", sagte Putin der Agentur Interfax zufolge am Rande seines Besuches bei den Olympischen Spielen in London. Die Verteidigung sprach in Moskau von einem möglichen "Wendepunkt" in dem Verfahren wegen Rowdytums.

Kirche spricht nur noch von Dummheit

Auch von der russisch-orthodoxe Kirche waren am Freitag unerwartet milde Worte zu hören: Der Chefideologe des Patriarchats, Wsewolod Tschaplin, sagte, dass die Protestaktion der Musikerinnen in der Erlöserkathedrale zwar "sehr dumm und verletzend für die Gläubigen" gewesen sei. "Aber es ist auch eine Dummheit, darüber unendlich zu sprechen."

Maria Aljochina (24), Nadeschda Tolokonnikowa (22) und Jekaterina Samuzewitsch (29) drohen nach einem Punk-Gebet gegen Putin und Patriarch Kirill in der wichtigsten russisch-orthodoxen Kathedrale sieben Jahre Haft wegen "Hooliganismus aus religiösem Hass". Seit Tagen fordern internationale Künstler und Politiker die Freilassung der Musikerinnen.

Das "Punk-Gebet" von Pussy Riot:

"Mutter Gottes, du Jungfrau, vertreibe Putin! Vertreibe Putin, vertreibe Putin!

Schwarzer Priesterrock, goldene Schulterklappen -
Alle Pfarrkinder kriechen zur Verbeugung
Das Gespenst der Freiheit im Himmel
Homosexuelle werden in Ketten nach Sibirien geschickt.

Der KGB-Chef ist euer oberster Heiliger,
Er steckt die Demonstranten ins Gefängnis.
Um den Heiligsten nicht zu betrüben
Müssen Frauen gebären und lieben.

Göttlicher Dreck, Dreck, Dreck!
Göttlicher Dreck, Dreck, Dreck!

Mutter Gottes, du Jungfrau, werde Feministin,
Werde Feministin, werde Feministin!

Kirchlicher Lobgesang für die verfaulten Führer -
Kreuzzug aus schwarzen Limousinen.
In die Schule kommt der Pfarrer,
Geh zum Unterricht - bring ihm Geld.

Der Patriarch glaubt an Putin.
Besser sollte er, der Hund, an Gott glauben.
Der Gürtel der Seligen Jungfrau ersetzt keine Demonstrationen -
Die Jungfrau Maria ist bei den Protesten mit uns!

Mutter Gottes, du Jungfrau, vertreibe Putin!
Vertreibe Putin, vertreibe Putin!"

Solidaritätsaktion in der "Times"

Auch vor Putins Besuch in London gab es Proteste gegen den Prozess, den Menschenrechtler als politisch gesteuertes Verfahren kritisieren. Die Vorwürfe gegen die Frauen seien absurd, schrieben Musiker wie Jarvis Cocker, Pete Townshend, Kate Nash und Martha Wainwright in der Zeitung "The Times". "Eine andere Meinung zu haben, ist in jeder Demokratie ein Grundrecht."

Überraschend habe sich Putin nun "weicher" als zuletzt geäußert, sagte der Verteidiger Nikolai Polosow. "Das könnte mit Druck von außen zusammenhängen - oder von innen heraus kommen", sagte er. Das könne auf einen "Wendepunkt" hindeuten. Zwar kritisieren Kremlgegner immer wieder die politische Einmischung in laufende Verfahren in Russland. Dies könne aber ein positives Signal sein, sagte Polosow. Die Verteidigung werde am Ende nur einen Freispruch akzeptieren.

Putin verurteilte den Kirchenauftritt der vermummten Musikerinnen zwar erneut, äußerte aber auch die Hoffnung, dass die Angeklagten aus den Folgen ihrer Aktion gelernt hätten. Die Kirche hatte das Gebet für Putins politisches Ende als Gotteslästerung gebrandmarkt. Die Frauen stehen auch wegen Verletzung religiöser Gefühle vor Gericht. Putin gab zu bedenken, dass eine vergleichbare Aktion etwa im islamisch geprägten russischen Konfliktgebiet Nordkaukasus für die Künstlerinnen lebensgefährlich hätte sein können.

Musikerinnen klagen über Haftbedingungen

Die jungen Frauen, die im Gericht in einem Kasten aus Plexiglas ausharren müssen, beschweren sich seit dem Prozessbeginn am Montag über zu wenig Schlaf und Essen sowie fehlende Pausen. Russische Anwälte veröffentlichten eine Resolution, in der sie den Prozess als Justizskandal bezeichneten, der die Rechtsgrundlagen des Staates zerstören könne.

DPA
kng/fw/DPA