Prozess gegen Saddam Anwälte verlassen aus Protest das Gericht

Die Fortsetzung des Saddam-Prozesses im Irak hat mit einem Eklat begonnen. Aus Protest verließen die Anwälte des Ex-Diktators den Gerichtssaal. Nach einer Stunde kehrten sie aber wieder zurück.

Der Prozess gegen den irakischen Ex-Diktator Saddam Hussein und sieben Mitangeklagte ist heute nach einwöchiger Unterbrechung fortgesetzt worden - und wurde gleich wieder unterbrochen: Husseins Anwälte verließen aus Protest die Gerichtssitzung.

Direkt zu Beginn hatte sich der frühere US-Justizminister Ramsey Clark als einer der neuen Verteidiger Saddams an Richter Risgar Mohammed Amin gewandt, weil er die Rechtmäßigigkeit des Verfahrens anzweifeln wollte.

Dies wurde vom Richter mit dem Hinweis abgelehnt, ein solcher Einwand müsse schriftlich eingereicht werden, berichtete der Korrespondent des Nachrichtensenders CNN aus dem Gerichtsgebäude. Daraufhin verließen die Anwälte das Gericht und der Richter ordnete eine zehnminütige Verhandlungspause an. Nach rund einer Stunde trat das Gericht wieder zusammen. CNN berichtete, der Richter habe Clark doch erlaubt, seine Einwände kurz vorzutragen.

Im Laufe der Debatte war Saddam empört aufgestanden und hatte erklärte, er werde unter diesem Bedingungen nicht mit dem Gericht zusammenarbeiten. Ein Halbbruder Saddams hatte gerufen: "Lange lebe der Irak." Ein anderer Angeklagter: Das Gericht solle doch gleich alle Angeklagten hinrichten lassen. In dem Verfahren geht es um ein Massaker in dem schiitischen Ort Dedscheel 1982 nach einem gescheiterten Anschlagversuch auf Saddam.

UN-Mitarbeiter stellt Prozess in Frage

Bereits am Wochenende äußerte ein hochrangiger UN-Mitarbeiter gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters Skepsis an dem Prozess gegen Hussein. "Wir glauben, dass es wegen der Schwäche des irakischen Justizsystems sowie der Vorfälle beim Einrichten dieses Tribunals niemals einen Prozess geben kann, der internationalen Anforderungen nachkommen kann", sagte John Pace, Menschenrechtsbeauftragter der Unterstützungskommission der Vereinten Nationen im Irak (Unami).

"Die Legitimität der Verteidigung ist schon jetzt in Frage gestellt", sagte Pace. Verteidiger müssten frei und effektiv für ein Verfahren arbeiten können, damit dieses als fair eingestuft werden könne. Die UN haben in dem Prozess keine Funktion. Er wird von einem fünfköpfigen Richtergremium abgewickelt, unter einem von den US-Streitkräften ernannten Tribunal.

Menschenrechtler wollen, dass der Prozess gegen Saddam vor einem internationalen Gericht ähnlich dem Internationalen Strafgerichtshof geführt wird. Die USA unterstützen dieses Tribunal nicht. Sie befürworten wie die irakische Regierung, dass Saddam von Irakern gerichtet wird.

Saddam muss sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht verantworten. Bei einer Verurteilung drohen ihm sowie seinen Mitangeklagten die Todesstrafe.

Anschlag auf Gericht vereitelt

Überschattet wird die Verhandlung von einer erneuten Welle der Gewalt im Irak: Bei Anschlägen im Irak starben am Wochenende wieder dutzende Menschen. Wie der US-Fernsehsender CNN berichtete, planten zudem sunnitische Aufständische einen Anschlag auf das Gericht, vor dem der Prozess gegen Saddam Hussein fortgesetzt werden soll. Der nationale irakische Sicherheitsberater Muwaffak al Rubaie sagte dem Sender, Sicherheitskräfte hätten Pläne aufgedeckt, nach denen das Gebäude mit Granaten oder Raketen angegriffen werden sollte. Weitere Einzelheiten nannte er nicht, über Festnahmen wurde nichts bekannt.

Allawi entging nur knapp einem Attentat

In der Pilgerstadt Nadschaf wurde der ehemalige irakische Ministerpräsident Ijad Allawi von einer aufgebrachten Menge aus einer Moschee vertrieben. Nach eigenen Angaben entging er nur knapp einem Attentat. Allawi ist ein säkularer Schiit und gilt als aussichtsreicher Kandidat für die Parlamentswahl in neun Tagen.

CNN zeigte Bilder, wie aufgebrachte Moschee-Besucher den flüchtenden Allawi und seine bewaffneten Leibwächter mit Schuhen bewarfen und bedrängten. Als der frühere Regierungschef die Stadt in einem Autokonvoi verlassen wollte, seien auch Schüsse gefallen. Die Leibwächter Allawis hätten das Feuer erwidert, hieß es. Nach seiner Rückkehr nach Bagdad sagte Allawi, 60 bewaffnete Männer in schwarzen Uniformen hätten ihn beim Gebet in der Moschee bedroht. "Sie wollten die ganze Delegation, oder zumindest mich umbringen", sagte er.

Auf den obersten Richter des Iraks, Midhat al Mahmudi, wurde am Sonntag ebenfalls ein Mordanschlag verübt. Mahmudi überlebte unverletzt. Ein Selbstmordattentäter hatte versucht, mit seinem Wagen in das Haus des Richters zu rasen. Das Fahrzeug wurde von einer Betonbarriere gestoppt und explodierte. Der Attentäter wurde getötet, zwei weitere Personen wurden nach Polizeiangaben verletzt.

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DPA/AP/Reuters