Falls mittlerweile Verwirrung aufkommt angesichts der Vielfalt des weiblichen Protests gegen Putins Russland: Pussy Riot sind nicht die, die sich ausziehen (das ist Femen). Pussy Riot ist die Punk-Bewegung mit den Strickmasken, die im März 2012 internationale Berühmtheit erlangte, als mehrere Mitglieder nach einer Anti-Religion- und Anti-Putin-Guerilla-Performance in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau verhaftet und zu knapp zwei Jahren Haft im Straflager verurteilt wurden. Ein Schauprozess für beide Seiten.
Drei Monate vor Ablauf der Strafe kamen Maria Aljokina und Nadeschda Tolokonnikova, die getrennt in verschiedenen Lagern schuften mussten, wieder frei. Und stürzten sich sofort wieder in die politische Arbeit. Nun hat das New Yorker Magazin "The Cut" einen Amerikabesuch der beiden Pussy-Riot-Ikonen dazu genutzt, um über die Ukraine, "Vogue"-Fotoshootings und Durchhaltevermögen zu sprechen. Soviel steht fest: Letzteres haben die beiden für zehn.
Ihr werdet auch überwacht!
Sie leben weiterhin in Moskau, und auf die verschreckte Frage, wie sie denn mit der Überwachung klarkommen, sagt Tolokonnikova, immer noch gerade mal 24 Jahre alt, trocken: "Warum sollen wir die ganze Zeit darüber nachdenken? Warum ist das für ausländische Journalisten so ein großes Thema? Wie ihr wisst, werdet ihr auch überwacht. Die CIA spioniert euch aus."
Statt darüber verrückt zu werden, gingen sie lieber ihrer Arbeit nach, sagt Aljokina, 26: "Wir denken die meiste Zeit über die Arbeit nach, darüber, was wir tun können, selbst unter diesen Bedingungen. Wir wollen einfach arbeiten. So einfach ist das." Tatsächlich gründen die beiden gerade eine NGO (Nicht-Regierungs-Organisation) und schreiben ein Buch über die Haftbedingungen Allerdings schreibe in Russland jeder gerade ein Buch. Das sei eine Grundeinstellung dieses Volkes, wiegelt Tolokonnikova ab.
Ein neues Konzept wegen der Ukraine?
Kurzzeitig ernster wird es bei der Frage nach der nächsten Aktion, denn Pussy Riot hatte bekannt gegeben, dass sie während des Krieges in der Ukraine nichts machen wollten. "Unsere letzte Aktion war anlässlich der Olympischen Spiele, und dann passierte die Krim", sagt Aljokina. Natürlich diskutierten sie darüber, aber es sei "völlig unmöglich, während des Krieges, eine normale Pussy-Riot-Aktion" zu machen. "Das ist nicht witzig. Da sterben Menschen." Sie arbeiteten an einer neuen Aktion", aber die werde anders sein.
Im Juni hatten Maria Aljokina und Nadeschda Tolokonnikova für die Modezeitschrift "Vogue" posiert, was manchen Unterstützern als Kommerzialisierung missfallen hat. "Wir gehören nicht zu denen, die zwischen Pop- und Punkkultur trennen", sagt Tolokonnikova. "Wenn du Punk bist, ist es total konservativ zu sagen 'Ich werde niemals in einem Popmagazin sein'." Das, fügt Aljokina an, sei nämlich versnobt.
Das Video der Pussy-Riot-Kirchenperformance ist Teil einer Ausstellung mit Namen "Zero Tolerance" im New Yorker Moma-Ableger PS1.