Romano Prodi In Würde verloren

Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi hat die Vertrauensabstimmung im Senat verloren, die Mitte-Links-Regierung tritt zurück. Doch Prodi ist in Würde gescheitert. Nun ist Staatspräsident Giorgio Napolitano am Zug. Macht der einen Fehler, droht die Rückkehr von Berlusconi.

Selbst seine Gegner zollen Romano Prodi Respekt. Er hat sich erhobenen Hauptes dem Vertrauensvotum im Parlament gestellt und mit Würde verloren. Das Abgeordnetenhaus hatte dem Premier zwar sein Vertrauen ausgesprochen, doch im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, hat es für eine Mehrheit nicht gereicht. Bis zuletzt hatte Prodi versucht, abtrünnige Senatoren auf seine Seite zu ziehen. Doch das Regierungsbündnis brachte es am Ende nur auf 156 Stimmen gegenüber den 161 Gegen-Stimmen der Opposition. Prodi ist im Senat, wo er nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügte, eindeutig gescheitert.

Der Rückzug des Justizministers und dessen Minipartei hat der ohnehin angeschlagenen Regierung nach 20 Monaten den Todesstoß versetzt. Der streitlustigen Neun-Parteien-Koalition fehlte jedoch von Anbeginn eine gemeinsame Linie: vom militärischen Einsatz in Afghanistan bis zur Homo-Ehe - bei keinem Thema herrschte Einigkeit. Immer wieder hatten Kleinstparteien mit ihrem Austritt gedroht, um ihre Interessen durchzusetzen.

Auch der Rücktritt des Ministers Clemente Mastella, angeblich wegen mangelnder Solidarität in einer Korruptionsaffäre, hat womöglich tiefer liegende Gründe. Das Parlament beriet über ein Wahlgesetz nach deutschem Modell mit einer Sperrklausel, um die Übermacht der kleinen Parteien zu begrenzen. Die 1,4-Prozent-Partei des Ministers hätte eindeutig zu den Verlierern gehört. Mastella stand auch unter Druck, weil das Verfassungsgericht ein Referendum zur Änderung des Wahlrechts gebilligt hatte für den Fall, dass es zu keiner Neureglung im Parlament gekommen wäre. Auch der Volksentscheid im Frühjahr hätte den kleinen Parteien den Garaus gemacht und die Großen gestärkt.

Vorgezogene Neuwahlen wahrscheinlich

Der Sturz Prodis verhindert stattdessen das Referendum und lässt vorgezogene Neuwahlen wahrscheinlich erscheinen. Nun ist der Staatspräsident am Zug. Präsident Giorgio Napolitano wird alles daran setzen, eine Übergangsregierung zu berufen, um die Reformen auf den Weg zu bringen. Die Alternative zu einem begrenzten Mandat ist der Urnengang mit dem alten Wahlgesetz, das mit verantwortlich ist für die Regierungskrise. Berlusconi hatte es am Ende seiner Regierungszeit durchgesetzt, um seinen Sieg sicherzustellen. Das ist ihm zwar nicht gelungen, aber das Wahlrecht hat ihm dennoch geholfen. Es hat eine instabile Regierung mit knappen Mehrheiten hervorgebracht, bei der eine Splitterpartei das Zünglein an der Waage war und das Kabinett gekippt hat.

Angesichts der Krise und der Aussicht auf Neuwahlen haben sich die seit Monaten zerstrittenen Bündnispartner Berlusconis wieder hinter ihren Anführer gestellt. Der Medienmogul hat glänzende Umfragewerte und drängt nun auf einen raschen Urnengang. Ein Comeback des 71-jährigen Milliardärs wäre für Italien verheerend. Entgegen Prodis Wahlversprechen ist ein Gesetz zum Interessenkonflikt, das Berlusconis Medienmacht einschränken würde, nicht verabschiedet worden. Mit Berlusconi würde ein Mann an die Spitze des Landes zurückkehren, der die Politik als Mittel benutzt, um seine Privatinteressen durchzusetzen und der für die Europäer ein unberechenbarer Partner ist.