
Aufnahmen von 2007 (l.) und 2019
Odette: Obwohl ich den Völkermord überlebt hatte, fühlte ich mich jahrelang wie tot. Da war kein Leben in mir. Ich hauste mehr oder weniger auf der Straße und ging betteln. Ich hasste alle Männer. Mit den Jahren heilte das, jetzt habe ich eine neue Beziehung und auch ein Baby. Ich gebe auf mich acht, nehme regelmäßig die Medikamente gegen Aids (die HIV-Infektion ist ein Ergebnis der Vergewaltigungen, Anm. d. Red.). Zu meinem Sohn, der aus der Gewalt entstanden ist, hab ich kein gutes Verhältnis. Er hat keinen Respekt vor mir. Manchmal betrinkt er sich und verschwindet zu meinen Verwandten. Die Leute sehen mich dann als gescheiterte Mutter – obwohl ich doch alles versucht habe, dass aus ihm ein anständiger Mann wird.
Martin: Ich liebe meine Mutter, und ich weiß, dass sie mich liebt, doch mehr ist da nicht. Sie hat dafür gesorgt, dass ich genug zu essen hatte und eine Ausbildung bekam. Aber schon als kleines Kind gab sie mich für fünf Jahre zu Verwandten, um ihre Schulausbildung zu Ende zu bringen. Als sie mich wieder zu sich nahm, hab ich zu ihr "Tante" gesagt – ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass diese Frau meine Mutter sei. Nachdem sie 2013 geheiratet hatte, hatte ich das Gefühl, es interessiere sie nicht mehr, wie es mir ging. Einmal saßen wir zusammen, da habe ich ihr gesagt: "Ich hätte so gern, dass du mir sagst, dass du mich liebst, aber du tust es nie." Sie sagte dann: "Ich gebe auf dich acht und habe alles für dich getan." Aber die Worte "Ich liebe dich", die konnte sie nicht sagen.
Odette: Obwohl ich den Völkermord überlebt hatte, fühlte ich mich jahrelang wie tot. Da war kein Leben in mir. Ich hauste mehr oder weniger auf der Straße und ging betteln. Ich hasste alle Männer. Mit den Jahren heilte das, jetzt habe ich eine neue Beziehung und auch ein Baby. Ich gebe auf mich acht, nehme regelmäßig die Medikamente gegen Aids (die HIV-Infektion ist ein Ergebnis der Vergewaltigungen, Anm. d. Red.). Zu meinem Sohn, der aus der Gewalt entstanden ist, hab ich kein gutes Verhältnis. Er hat keinen Respekt vor mir. Manchmal betrinkt er sich und verschwindet zu meinen Verwandten. Die Leute sehen mich dann als gescheiterte Mutter – obwohl ich doch alles versucht habe, dass aus ihm ein anständiger Mann wird.
Martin: Ich liebe meine Mutter, und ich weiß, dass sie mich liebt, doch mehr ist da nicht. Sie hat dafür gesorgt, dass ich genug zu essen hatte und eine Ausbildung bekam. Aber schon als kleines Kind gab sie mich für fünf Jahre zu Verwandten, um ihre Schulausbildung zu Ende zu bringen. Als sie mich wieder zu sich nahm, hab ich zu ihr "Tante" gesagt – ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass diese Frau meine Mutter sei. Nachdem sie 2013 geheiratet hatte, hatte ich das Gefühl, es interessiere sie nicht mehr, wie es mir ging. Einmal saßen wir zusammen, da habe ich ihr gesagt: "Ich hätte so gern, dass du mir sagst, dass du mich liebst, aber du tust es nie." Sie sagte dann: "Ich gebe auf dich acht und habe alles für dich getan." Aber die Worte "Ich liebe dich", die konnte sie nicht sagen.
© Jonathan Torgovnik