"Hallo! Du hast mir Leben eingehaucht. Ich bin Ion. Meine Aufgabe ist es nun, euch zu vertreten. Die Botschaften an mich stellen ein Porträt von uns Rumänen dar. Bring mir bei, Rumäne zu sein. Was muss ich über Rumänien wissen?"
Das waren die ersten Sätze des neuen rumänischen Regierungsberaters. Doch er ist nicht aus Fleisch und Blut, trägt keinen Anzug und hat kein eigenes Büro. Er ist eine Künstliche Intelligenz, kurz KI, in Form eines futuristisch wirkenden Spiegels.
Am Mittwoch stellte Ministerpräsident Nicolae Ciucă seinen neuen ehrenamtlichen Mitarbeiter als "Überraschung" vor.
"Ion" ein rein rumänisches Projekt
"Die rumänische Regierung stellt eine Premiere auf nationaler und internationaler Ebene vor, denn wir sprechen über den ersten Regierungsberater, der künstliche Intelligenz einsetzt", sagte Ciucă laut rumänischen Medienberichten.
Er schätze es sehr, dass "Ion" den Bürgerinnen und Bürgern besser helfen könne, indem die Regierung durch die KI Vorschläge, Meinungen und Wünsche der Rumäninnen und Rumänen "in Echtzeit" erhalte.
Diese "Fotos" wurden komplett von einer künstlichen Intelligenz generiert

Unsere Bildbeschreibung für die KI lautete: "A horse race in front of the Eiffel tower in Paris, high quality"
Bei "Ion" handelt es sich um eine Technologie- und Forschungsinitiative, die pro bono von rumänischen Experten für künstliche Intelligenz in Zusammenarbeit mit rumänischen Forscherinnen und Professoren entwickelt wurde. Laut Ciucă handelt es sich um ein hundertprozentig rumänisches Projekt.
Rumänien soll "Ion" seine Wünsche erzählen
Die KI werde "das fehlende Glied in der Echtzeit-Kommunikation des 21. Jahrhunderts zwischen Bürgern und Regierungen sein", heißt es auf der Internetseite von "Ion". Das Ziel sei es, Informationen an die Politik weiterzugeben, "um die öffentliche Politik im Einklang mit dem Zustand der Gesellschaft zu gestalten".
"Ion" nutzt dabei Meinungen und öffentliche Beiträge in sozialen Medien und filtert diese nach Relevanz, wie es auf der Homepage weiter heißt. Es würden nur öffentliche Beiträge genutzt, die anonymisiert würden. So sollen die wichtigsten Themen mithilfe von Algorithmen zentralisiert werden.
Auf der Internetseite ion.gov.ro können sich die Menschen in Rumänien zusätzlich "Gehör verschaffen". Eine Antwort bekommt man von "Ion" dort aber nicht.

Die gesammelten Meinungen werden dann über "Ion" der Regierung – im wahrsten Sinne des Wortes – widergespiegelt.
Die KI befindet sich noch in der Testphase
"Die jüngsten Erfahrungen mit der Sars-CoV-2-Pandemie haben einmal mehr deutlich gemacht, dass Informationen in Echtzeit benötigt werden, aber – was vielleicht noch wichtiger ist – dass relevante Informationen benötigt werden, um wirksame Entscheidungen treffen zu können", heißt es auf der "Ion"-Internetseite.
Neben der Software soll "Ion" aber auch in Präsenz auf öffentlichen Veranstaltungen mit den Bürgerinnen und Bürgern Rumäniens interagieren und weitere Daten sammeln.
Noch befinde sich "Ion" in einer Lernphase. Daher sei es wichtig, dass die Menschen in Rumänien ihre Gedanken und Wünsche mit der KI teilen, sagte Sebastian Burduja, Minister für Forschung, Innovation und Digitalisierung, nach Angaben des Nachrichtenportals digi24.ro.
"Ion" wünscht "einen schönen Frühling!"
Allerdings gibt es auch Bedenken. Der Technologiestipendiat Kris Shrishak des Irish Council for Civil Liberties sagte dem Magazin "Politico", die Technik sei mit Vorsicht zu genießen. Es sei offen, wie die KI die Mitteilungen aus der Bevölkerung auswähle und was sie als wichtig erachte. "Dies sollte der Öffentlichkeit erklärt werden."
"Ion" selbst lud bei der Demonstration durch Ministerpräsident Nicolae Ciucă die Menschen im Land auf, seine Internetseite zu besuchen und mit ihm zu kommunizieren. "Auf diese Weise kann ich lernen, sie zu repräsentieren, wie in einem Spiegel." Zum Schluss wünschte "Ion" noch: "Habt einen schönen Frühling!"
Quellen: Mitteilung der rumänischen Regierung, Internetseite von "Ion", "Romania Journal", romania-insider.com, digi24.ro, Europa Liberă România, "Politico".