Am vierten Sitzungstag im Prozess gegen den irakischen Expräsidenten Saddam Hussein hat am Dienstag erstmals eine Frau ausgesagt. Ihre Identität wurde aus Sicherheitsgründen geheim gehalten und lediglich der Verteidigung mitgeteilt; vor Gericht wird sie als "Zeugin A" geführt.
Zum Schutz der Zeugin wurde ihre Stimme verzerrt wiedergegeben, der Stimmenverzerrer funktionierte aber offenbar nicht richtig: Für das Publikum waren wenige Momente der Aussage zu hören. Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung ordnete Richter Risgar Mohammed Amin zunächst an, dass die Aussage ohne Stimmveränderung für die Anwälte zu hören sein sollte, und ließ das Gerät anschließend reparieren.
Die Zeugin schilderte unter Tränen, wie sie in Gefangenschaft gedemütigt und geschlagen wurde und sich vor ihren Peinigern entkleiden musste. Nach dem Massaker in der schiitischen Kleinstadt Dedscheel, über das in dem ersten Prozess gegen Saddam verhandelt wird, waren Dutzende von Frauen und Mädchen im Gefängnis vergewaltigt worden. Die Frau war auf den Fernsehbildern aus dem Gerichtssaal nicht zu sehen. Nach ihren lautstarken Auftritten am Vortag und zahlreichen Unterbrechungen auch der Zeugen verhielten sich Saddam Hussein und seine sieben Mitangeklagten während der Aussage der Frau weitgehend ruhig. Der Ex-Diktator beschwerte sich lediglich über die Maßnahmen zum Schutz der Zeugin.
Vergewaltigungen nach fehlgeschlagenem Attentat
Der Prozess wird zeitverzögert im Fernsehen gezeigt. Im Gerichtssaal hatten sich am Montag chaotische Szenen abgespielt. Der Ex-Präsident fiel einem Zeugen ins Wort, der unter Tränen schilderte, wie 1982 in Dedscheel nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf Saddam Dutzende von Menschen gefoltert und erschossen worden waren. Die beiden männlichen Zeugen, deren Aussage am Montag gehört worden war, hatten der Veröffentlichung ihrer Identität zugestimmt.