Auf der Reise des deutschen Vizekanzlers Sigmar Gabriel nach Saudi-Arabien gab es viel zu bereden. Eigentlich führte der SPD-Chef und Wirtschaftsminister am vergangenen Wochenende eine 90-köpfige Delegation aus Wirtschaftsleuten an. Im Gepäck hatten die Deutschen Hochglanzbroschüren von heimischen Produkten wie Gasturbinen und Medizingeräte. Doch das war es nicht, was die deutsche Öffentlichkeit interessierte. Thema waren hier die Menschrechte in dem erzkonservativen Land und das brutale Urteil gegen den liberalen Bloggers Raif Badawi.
Sein Schicksal wühlt die Menschen im Westen auf. Der Blogger hatte die Gleichsetzung der Welt-Religionen gefordert, aus Sicht der saudischen Justiz eine Beleidigung des Islams. Er wurde zu zehn Jahren Gefängnis und tausend Peitschenhieben verurteilt. Bislang hat er 50 erhalten – im Moment ist der Vollzug der Strafe ausgesetzt. Es geht aber die Sorge um, dass es zu einem neuen Verfahren kommt, an dessen Ende das Urteil "Todesstrafe" lautet.
Lobende Worte für Merkel und Gabriel
Die Ehefrau Badawis, Ensaf Haider, die mit den drei gemeinsamen Kindern nach Kanada geflohen ist, kämpft seit der Festnahme ihres Mannes für ihn. Im Vorfeld von Gabriels Reise hatte sie den Vizekanzler mehrmals öffentlich gebeten, sich für die Freilassung ihres Mannes einzusetzen. Und das hat Gabriel getan. "Ich bin wirklich stolz auf ihn", äußerte sich Haider gegenüber dem stern dazu. Auch für die Kanzlerin findet Haider lobende Worte. Merkel hatte in der Vergangenheit in der Sache mehrmals zum Telefon gegriffen. Es gehe auch darum, so Haider, dass sich der Westen nicht beuge und seine demokratischen Werte vertrete.
Zwei Stunden dauerten die Gespräche im Königspalast in Riad, die Gabriel mit dem saudischen König führte. Das Königshaus ist verärgert, dass Berlin keine schweren Waffen mehr liefern will, Kampfpanzer sowieso nicht, obwohl doch die Terrormiliz Islamischer Staat die ganze Region bedroht.
Und dann sprach der Deutsche Vizekanzlers das Thema Menschenrechte und den Fall Badawi an, von diplomatischer Zurückhaltung keine Spur. "Ich habe gesagt, dass wir dafür plädieren und darum bitten würden, dass es in Würde und Menschlichkeit Verfahren gibt, um ihn sowohl vor der harten Strafe zu bewahren als ihn auch auf freien Fuß zu bekommen", sagte Gabriel. Zuvor hatte das saudische Außenministerium vorsorglich verkündet, dass der Deutsche sich bitte nicht "in die inneren Angelegenheiten" Saudi-Arabiens einmischen solle.
Der saudische König Salman ibn Abd al-Aziz, gerade erst ins Amt gekommen, steht unter Druck. Da gibt es die erzkonservativen Kleriker des Landes, die zu intensive Beziehungen mit dem Westen ablehnen. An den Grenzen des Landes herrschen Krisen und Kriege. Diplomaten zweifeln am Erfolg der gutgemeinten Mission. Salman wird, so ist zu befürchten, kaum einen Mann freilassen, der den Islam beleidigt haben soll. Das Königshaus ließ allein seit Jahresbeginn nach Angaben von Amnesty International 40 Menschen hinrichten, ein starker Anstieg gegenüber dem vergangenen Jahr.