Er ist stolz auf Bafana Bafana, die südafrikanische Nationalelf. "Auch wenn wir früh rausgeflogen sind, es hat sich gelohnt. Der Fußball brachte die Nation zusammen", sagt Jeremy Fredericks, Sport-Moderator des TV-Senders "Super Sport". Die Kluft zwischen arm und reich sei zwar durch die WM nicht kleiner geworden, jedoch sei nicht die Fifa, sondern die südafrikanische Regierung für die Armut im Land verantwortlich. Die Fußball-WM habe viele Südafrikaner jenseits von Rassenzugehörigkeit vereint. "Nicht Weiße, Schwarze oder Farbige waren die Gastgeber, sondern wir - wir Südafrikaner".
Ubuntu scheint plötzlich Realität geworden zu sein. Der Begriff steht für afrikanische Zusammengehörigkeit: Die Regenbogennation lebte vier Wochen lang miteinander und nicht nebeneinander. Die Zweifler, diejenigen, die Afrika diese Leistung nicht zugetraut hatten, waren im Unrecht. Und die Genugtuung ist bei allen zu spüren, bei Weißen und Schwarzen. Auch wirtschaftlich gesehen ist die WM ein Erfolg. Allen voran die lärmende Vuvuzela. Sie hat nebenbei den Ohrstöpselverkauf in die Höhe getrieben und Millionen von Menschen in den Wahnsinn, dennoch: Südafrika zeigt sich als stolzes Gastgeberland von der besten Seite.
Neue Straßen, neue Südafrikaner
Im Vorfeld hatten Berichte über hohe Kriminalität das WM-Land ins schlechte Licht gerückt. Laut südafrikanischen Tageszeitungen wurden täglich etwa 50 Menschen umgebracht. Das war vor der WM. Jetzt zeigt die Kap-Republik der Welt ein anderes, friedlicheres Gesicht. "Volle Stadien und wenig Überfälle, dazu die neuen Fußballakademien. Sie sind eine Chance für junge Talente", so Fredericks. Der Kap-Staat investiert in Fußballvereine, die vor allem die Menschen in ländlichen Gegenden und in den Ghettos sehr schätzen. "Der Sport holt die Kinder von der Straße".
Positiv überrascht ist auch Mannini Mokhothu. Die 26-jährige Studentin aus Kapstadt freut sich, dass "die Hautfarbe bei diesem Event keine Rolle gespielt hat". Wer sich im WM-Land unter die Menschen mischt, spürt es deutlich: Ein neugewonnenes Selbstbewusstsein - ein positives Selbstbild bei Südafrikanern unterschiedlichster Herkunft. "So was habe ich noch nie erlebt", sagt Mokhothu. Neben dem Gefühl, ein einheitliches Land zu sein, schätzt sie auch die neuen ausgebauten Straßen und Minibusse. "Hätte die WM woanders stattgefunden, hätten wir eine solche Infrastruktur erst in Jahren oder vielleicht auch nie gesehen".
Zwischen hoffnungsvoll und hoffnungslos
Doch nicht alle haben vom Fußball profitiert. Maria, eine Haushälterin aus Langa, dem ältesten Township vor Kapstadt, suhlt sich nicht im Freudentaumel. Sie putzt schicke Villen in Kapstadt, doch ihr Leben hat sich nicht verändert: "Die Regierung hat gesagt, es werden mit der WM neue Jobs kommen. Ich sehe keine Jobs." Zwischen dem 11. Juni und dem 11. Juli war ihr Leben erbärmlich, wie immer. Maria verdiente vor der WM umgerechnet 100 Euro im Monat; während und danach auch. Sie pendelt täglich die zwanzig Kilometer zwischen Kapstadt und Langa hin und her. Mit dem Geld kann sie gerade so überleben. Hütte und Familie wollen finanziert werden. Die einzige Veränderung für sie: "In Kapstadt gibt es weniger Kriminalität, aber in Langa ist alles gleich geblieben. Nur die neuen Minibusse sind komfortabler".
Genauso desillusioniert sieht Marias Bruder David die Weltmeisterschaft. Er verkaufte Fan-Helme, Makarapas, und fand die vier Wochen eigentlich großartig. Viel verdient hat er nicht: "Ich habe zwar einige Helme verkauft, aber jetzt ist die WM auch vorbei. Keine neuen Aufträge."
Schöne Stadien, laute Tröten, neue Blumen
Ganz anders bei Jonathan Jansen. Der Blogger und Kolumnist beschäftigt sich schon lange mit der vielfältigen Gesellschaft Südafrikas. Er beobachtet die Zusammenhänge zwischen Rassismus und gesellschaftlichen Ereignissen. "Ich sehe auch jetzt, nach der WM, ein geteiltes Südafrika", sagt er. "Jedoch keines, dass sich in Farben und Rassismus aufteilt". Was das Land jetzt teilt, sind die Hoffnungsvollen und die Hoffnungslosen. Die einen glauben an neue Jobs, Aufschwung und an Südafrika. Die anderen haben das Land längst abgeschrieben. "Südafrika litt 350 Jahre unter Kolonialismus und Apartheid. Klar haben wir noch Probleme. Innerhalb von vier Wochen können die jedoch nicht verschwinden." Die WM zeigte dennoch, dass Schwarz und Weiß im Kap-Staat zusammen leben und feiern können.
Südafrika ließ sich nicht von der im Vorfeld geäußerten Kritik beeindrucken und baute unbeirrt weiter. Schließlich wurden die Stadien fertig. Die Tröten sind nun Markenzeichen des afrikanischen Fußballs und verkauften sich bis zum letzten Tag - trotz des Lärms. Und zum blühenden Abschluss widmet Südafrika einer Blumen-Art den Namen der nervenden Plastiktrompete: Moraea Vuvuzela. Es kann künftig auch ganz still sein, wenn man die Vuvuzela sprechen lässt.