Aufstieg und Fall der Heldin der pro-westlichen Orangenen Revolution von 2004: Zum zweiten Mal ist die ukrainische Politikerin Julia Timoschenko als Regierungschefin gescheitert. Die 49-Jährige war 2005 schon einmal als Ministerpräsidentin gestürzt worden, jedoch zwei Jahre später zurückgekehrt. Den Sprung ins Amt des Staatsoberhaupts verpasste sie Anfang Februar durch eine knappe Niederlage gegen ihren pro-russischen Rivalen Viktor Janukowitsch. Seitdem stemmte sie sich zwar mit eisernem Willen, aber letztlich erfolglos gegen einen Machtverlust, der nun im Parlament in Kiew zu ihrer Abwahl führte.
In einem kurzen, aber dramatischen Appell hatte Timoschenko unmittelbar vor der Abstimmung noch einmal um das Vertrauen der Abgeordneten geworben. Ein Sieg der Opposition wäre das vorläufige Ende des Weges der Ukraine nach Westen, hatte sie gewarnt. Doch mit 243 Gegenstimmen, viele davon aus dem eigenen Lager, fiel die Niederlage deutlich aus.
Die Frau mit dem Ingenieursdiplom in der Tasche stieg durch die Privatisierungswelle nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 an der Seite ihres Mannes zur reichen "Gasprinzessin" auf. Mittlerweile lebt das Paar, das eine Tochter hat, seit mehr als zehn Jahren getrennt. Politische Gegner werfen Timoschenko mit Blick auf ihr Privatvermögen vor, keine saubere Weste zu besitzen. 2001 wurde die damalige Vize- Regierungschefin wegen Schmuggels und Urkundenfälschung angeklagt, sie konnte das Untersuchungsgefängnis aber nach 42 Tagen verlassen.
Timoschenko wurde 2004 rasch zum Symbol für eine national selbstbewusste Ukraine. Als Ziel ihrer Regierungspolitik hatte die zierliche Frau, die als knallharte Machtpolitikerin gilt, stets einen schnellen Beitritt der früheren Sowjetrepublik zur Europäischen Union angegeben. Timoschenko schaffte es im Parlament trotz dünner Mehrheitsverhältnisse zwar immer wieder, das zweitgrößte Flächenland Europas in der schwersten Krise seit 20 Jahren auf Kurs zu halten. Ihre Kontrahenten warfen ihr aber vor, die Ukraine mit einer sprunghaften populistischen Politik samt immer neuer sozialer Zugeständnisse in den Ruin zu treiben.
Ein ungewöhnlich gutes Verhältnis wurde Timoschenko stets zu Moskaus Regierungschef Wladimir Putin zugeschrieben, mit dem sie neue Verträge für russische Gaslieferungen aushandelte und so für Entspannung in den gereizten bilateralen Beziehungen sorgte. In Kiew wird man nun mit der streitbaren und charismatischen Vollblutpolitikerin in der Opposition rechnen müssen.