"Wenn Sie, wie ich, nicht sicher sind, dass Sie sich selbst kontrollieren können, sollten Sie sich dieses Video besser nicht ansehen": Mit diesen Worten leitet Ksenia Sokolyanskaya, Moderatorin der Sendung "Current Time" von Radio Free Europe/Radio Liberty, einen Beitrag aus der Notaufnahme eines Krankhauses in Mariupol ein, und kämpft dabei sichtbar mit ihren Emotionen. Das Video aus der von Russland attackierten Hafenstadt im Osten der Ukraine, das dem Sender zufolge während einer Liveübertragung entstanden ist, und Bilder, die ein ukrainischer Fotograf im Auftrag der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) dort gemacht hat, erschüttern seither die Weltöffentlichkeit.
Kampf um das Leben einer Sechsjährigen
Die Aufnahmen zeigen den verzweifelten Versuch von Sanitätern, Ärzten und Krankenschwestern, das Leben eines kleinen Mädchens zu retten. Die Sechsjährige war beim Beschuss Mariupols durch die russische Armee verletzt worden und kam mit einem Rettungswagen in der Notaufnahme an. "Sie war blass. Ihr braunes Haar war mit einem Gummiband zurückgebunden. Ihre blutige Pyjamahose war mit Cartoon-Einhörnern verziert. Sie wurde mit ihrem verletzten Vater eingeliefert, dessen Kopf blutig und bandagiert war", schildert AP die Situation.

Die Sanitäter im Rettungswagen versuchen auch vor dem Krankenhaus noch, das Mädchen mithilfe einer Herzdruckmassage wiederzubeleben, während die Mutter verzweifelt vor dem Fahrzeug steht und weint. Dann kommt ein Team aus der Notaufnahme herbeigelaufen. "Bringt sie raus! Bringen Sie sie raus! Wir können es schaffen", ruft ein Krankenhausmitarbeiter AP zufolge den Sanitätern zu.
Die Sechsjährige wird eilig auf eine Trage gelegt, in die Notaufnahme gefahren und das medizinische Personal drängt sich um sie. Einer gibt ihr eine Spritze, ein anderer versucht, sie mit einem Defibrillator wiederzubeleben. Eine Krankenschwester weint. Plötzlich blickt ein Arzt in blauem Kittel, der ihr Sauerstoff in die Lungen pumpt, direkt in die Kamera und sagt voller Wut: "Zeigen Sie das Putin, dem Bastard. Die Augen dieses Kindes und die weinenden Ärzte."
Angriff auf die Ukraine – Gesichter des Krieges

Schließlich verlieren die Einsatzkräfte den Kampf: Das Mädchen ist tot. Sie schließen dem Kind die Augen und bedecken es mit seiner Jacke. Am Ende liegt der kleine Körper leblos allein im Raum, mit nackten Beinen und einer Blutlache neben sich auf dem Boden.