Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor den Vereinten Nationen eine Bestrafung Russlands für den Angriffskrieg gegen sein Land verlangt. "Es wurde ein Verbrechen gegen die Ukraine begangen, und wir fordern eine Bestrafung", sagte Selenskyj am Mittwoch in einer Videobotschaft vor der UN-Vollversammlung in New York. Russland müsse bestraft werden für das Morden, die Folter, die Erniedrigungen und die desaströsen Turbulenzen, in die es die Ukraine gestürzt habe.
Gleichzeitig vollzogen die Ukraine und Russland in der Nacht auf Donnerstag einen der größten Gefangenenaustausche in dem fast sieben Monate dauernden Krieg. 205 gefangene Ukrainer wurden freigelassen, wie der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, mitteilte. Dazu zählten auch Verteidiger von Mariupol, die verschanzt im Stahlwerk Azovstal bis Mitte Mai Widerstand gegen die russischen Eroberer geleistet hatten.
In Russland protestierten angesichts der vom Kreml verkündeten Einberufung von 300.000 Reservisten mehrere Tausend Menschen.
Die Ereignisse des 211. Kriegstages im stern-Liveblog.
"Die russische Führung sucht nur nach einer militärischen Lösung", so Kuleba in New York vor dem UN-Sicherheitsrat in Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen sein Land. Russischen Diplomaten wirft er ein "außergewöhnliches Maß an Lügen" vor.
Dem Westen warf er wegen dessen Waffenlieferungen und der Unterstützung für Kiew eine direkte Einmischung in den Krieg in der Ukraine vor. "Diese Politik, Russland zu zermürben und zu schwächen, bedeutet die direkte Einmischung des Westens in den Konflikt und macht sie zu einer Konfliktpartei", so Lawrow.
Moskau habe "keinen Zweifel daran, dass die Ukraine zu einem völlig totalitären Nazi-ähnlichen Staat geworden ist, in dem die Normen des humanitären Völkerrechts mit Füßen getreten werden", behauptet Lawrow. Er kritisierte, dass das UN-Gremium über eine Bestrafung Russlands sprechen wolle, dabei müsse die Ukraine für ihre Taten bestraft werden. Ukrainische Kräfte, so Lawrow weiter, nutzten die "Taktik von Terroristen" und missbrauchten friedliche Zivilisten als menschliche Schutzschilde.
Der britische Außenminister James Cleverly hat sich im UN-Sicherheitsrat "nicht überrascht" vom Verhalten seines russischen Amtskollegen gezeigt. Er glaube nicht, dass Lawrow sich die kollektive Verurteilung seines Landes in dem Gremium anhören wolle.
„Wenn Russland aufhört zu kämpfen, ist der Krieg zu Ende. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, ist die Ukraine am Ende“US-Außenminister Antony Blinken am Donnerstag in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York
Jedem eingezogenen Moskauer zahle die Hauptstadt monatlich 50.000 Rubel (830 Euro) zum Sold dazu, teilt Bürgermeister Sergej Sobjanin mit. Im Fall einer schweren Verwundung solle eine Million Rubel gezahlt werden, bei einer leichten Verwundung die Hälfte. Beim Tod eines Soldaten erhalte die Familie drei Millionen Rubel, also knapp 50.000 Euro.
Über eine halbe Stunde nach Beginn des Treffens mit zahlreichen Außenministerinnen und Außenministern unter anderem aus der Ukraine, den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und China wurde Moskau im mächtigsten UN-Gremium von Russlands stellvertretendem Außenminister Sergej Werschinin vertreten. Russland hatte Lawrows Teilnahme zuvor bestätigt. Es bleibt unklar, ob er noch erscheint.
Kremlsprecher Dmitri Peskow spricht von einer Lüge, wie russische Agenturen in Moskau melden. Das Internetportal der in Russland inzwischen eingestellten Zeitung "Nowaja Gaseta" schreibt dagegen, Präsident Wladimir Putin gebe dem Verteidigungsministerium freie Hand zur Mobilisierung von bis zu einer Million Mann. Dies stehe in Punkt 7 von Putins Erlass vom Mittwoch. Dieser Punkt fehlte in der Veröffentlichung und war als "Nur für den Dienstgebrauch" eingestuft.
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Nach den Ankündigungen Putins sei nun jedem in Russland "klar: Russland führt Krieg gegen seinen Nachbarn und es wird jeden in Russland betreffen", sagt die Grünen-Politikerin am Rande der UN-Generalversammlung in New York.
Der Mut der Menschen in der Ukraine, jeden Tag für Frieden und Freiheit zu kämpfen, müsse unterstützt werden "mit humanitärer Hilfe, mit ziviler Hilfe, mit (einem) Maßnahmenpaket für den Winter zum Wiederaufbau, aber eben auch mit Waffenlieferungen". Zu einer möglichen Lieferung von westlichen Kampfpanzern äußerte sich Baerbock nicht.
"Ich werde eine sicheren Abstand zu ihm einhalten", antwortet Kuleba vor Beginn der Sitzung des Gremiums in New York auf die Frage eines Journalisten, wie er sich gegenüber Lawrow verhalten werde. Die Antwort war auch eine Anspielung auf den lange empfohlenen Sicherheitsabstand wegen der Corona-Pandemie.
"Jede Annexion des Hoheitsgebiets eines Staates durch einen anderen Staat aufgrund der Androhung oder Anwendung von Gewalt ist eine Verletzung der UN-Charta und des Völkerrechts", sagt Guterres bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates zum Ukraine-Krieg.