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Auf Prank hereingefallen "Ich werde das auf einer anderen Ebene lösen" – Sohn von Kreml-Sprecher denkt nicht daran, für Putin zu kämpfen

Nikolaj Peskow: Der Sohn des Kreml-Sprechers Dmitri Peskow auf dem Roten Platz in Moskau
Dmitri Peskow (l.) mit seinen Kindern Lisa Peskowa (m.) und Nikolaj Peskow (r.) auf dem Roten Platz in Moskau. Der Sohn des Kreml-Sprechers will offenbar dank der Position seines Vaters der Mobilmachung entgehen. 
© Screenshot lisa-peskova
Putin läutet die Mobilmachung ein. Aber wer ist bereit in den Krieg zu ziehen? Die Söhne von Dmitri Peskow und Michail Mischustin jedenfalls nicht. Das verrieten sie unfreiwillig dem Team von Alexej Nawalny, als sie einem Prank auf den Leim gingen. 

Wladimir Putin mobilisiert. Und Russland steht Kopf. Denn jedem ist klar: Es wird zu einer massenweisen Einziehung von Hunderttausenden von jungen Männern kommen – auch wenn Putin das Ausmaß seiner Entscheidung hinter dem Begriff der Teilmobilisierung zu verschleiern sucht. Sein Befehl gilt für alle Reservisten und Wehrpflichtigen unter 50 Jahren, bei Offizieren in Reserve ist die Altersgrenze sogar noch höher. 

Ausgeschlossen von dem Erlass sind auch nicht die Söhne von russischen Abgeordneten. Bereits in den letzten Wochen wurden in Russland die Rufe immer lauter, die Politiker sollen doch zuerst ihre Sprösslinge in den Krieg schicken, bevor sie die 18-jährigen Jungs aus der Provinz an die Front entsenden. Das Team des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny hat sich daher den Spaß gemacht und hat unter anderem bei den Söhnen von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow und Ministerpräsident Michail Mischustin angerufen – um herauszufinden, ob sie bereit sind, als vorbildliche Patrioten, die sie als Kinder ihrer Väter sein müssten, in den Krieg zu ziehen. 

Während einer Liveübertragung auf dem Youtube-Kanal "Populäre Politik" klingelte der Moderator und Aktivist Dmitri Nizowtsew bei Nokolaj Peskow durch. Unter dem Deckmantel eines Militärkommissars forderte er den Sohn des Kreml-Sprechers dazu auf, sich zu einer Inspektion am nächsten Tag um 10 Uhr einzufinden. 

"Um 10 Uhr morgens werde ich sicherlich nicht kommen. Wenn Sie wissen, dass ich Herr Peskow bin, dann müssen Sie auch verstehen, wie sehr das falsch ist, dass ich dort sein werde. Ich werde es auf einer anderen Ebene lösen", erklärte der 32-Jährige, der schon allein von der Tatsache aufgebracht war, dass er überhaupt angerufen wird. 

Nikolaj Peskow will der Mobilmachung entgehen

"Interessante Drohung", erwiderte daraufhin der vermeintliche Militärkommissar. "Welche Ebene meinen Sie?" 

"Warum Drohung? Ich muss mich beratschlagen. Ich muss erst einmal verstehen, was vor sich geht, und welche Rechte ich habe", erklärte Peskow Junior.

"In der Russischen Föderation findet eine Mobilisierung statt, Nikolaj", klärte ihn der Anrufer auf. "Ich hoffe, Sie verfolgen die Nachrichten. Ich weiß nicht, mit welcher Ebene Sie mir drohen, aber ich habe ihren Namen auf meiner Liste stehen und deswegen musste ich Sie anrufen." 

Der bestimmende Ton von Nizowtsew machte wohl Eindruck: "Ich drohe doch nicht. Ich muss mich einfach beraten lassen, bevor ich zu Ihnen komme. Verstehen Sie?", antwortete Peskow und wollte Details wissen, bei welchem Kommissariat er sich melden müsse.

"Ich spreche von bestimmten politischen Nuancen"

"Sind Sie denn bereit, morgen um 10 Uhr zu erscheinen", wollte daraufhin der Moderator wissen. 

"Glauben Sie mir: Dass mich morgen um 10 Uhr jemand abholt – das brauchen weder ich noch Sie." Er habe kein Problem damit, seine Heimat zu verteidigen. "Aber ich muss die Zweckmäßigkeit meines Erscheinens dort verstehen. Ich spreche von bestimmten politischen Nuancen", sagte er vieldeutig. 

"Können Sie mir bitte erklären, was das für politische Nuancen sind?", hackte Nizowtsew nach. "Das kann ich Ihnen nicht erklären. Wenn ich meine Heimat verteidigen muss, werde ich bei Ihnen sein. Machen Sie sich keine Sorgen. Ob ich morgen erscheinen werde oder nicht, das ist eine andere Frage", gab Peskow zurück. "Schicken Sie mir Ihren Namen und Ihre Daten. Ich bin mir sicher, dass sich jemand mit Ihnen in Verbindung setzen wird", setzte er dann wieder mit einer unterschwelligen Drohung hinzu. 

Freiwillig will Peskow Junior nicht an die Front 

Doch so leicht ließ sich Nizowtsew nicht abwimmeln: "Kann ich hinter Ihrem Namen vermerken, dass Sie bereit sind, als Freiwilliger an die Front zu gehen?"

"Nein", gab Peskow zurück. Er sei "bereit zu gehen, aber nicht auf Ihren Wunsch". "Wenn Wladimir Wladimirowitsch (Putin, Anm. d. Red.) mir sagt, dass ich dorthin gehen muss, werde ich dorthin gehen."

Nizowtsew reagierte mit Gelächter: "Aber Wladimir Wladimirowitsch kann nicht jeden einfachen Rekruten anrufen."

"Ich bin kein einfacher Rekrut", gab Peskow Junior zurück. 

Dmitri Peskow bestätigt Echtheit des Telefonats 

Dass es tatsächlich sein Sohn war, der mit dem angeblichen Militärkommissar solche Töne anschlug, bestätigte Dmitri Peskow am Donnerstagmorgen selbst. Aus dem Gespräch zwischen seinem Sohn und den Mitstreitern von Nawalny seien jedoch "erhebliche Teile" herausgeschnitten worden, behauptete er gegenüber der Publikation "Podjem" ("Aufstieg"). "Bitten Sie sie doch zuerst, das gesamte Gespräch zu veröffentlichen. Ich habe keine Zweifel daran, dass er die einzige richtige Wahl getroffen hat", sagte der Pressesprecher des Präsidenten über seinen Sohn. Das Gespräch fand aber live statt und wurde nicht bearbeitet.

Sowohl Nikolaj Peskow als auch seine Schwester Lisa Peskowa stehen unter Sanktionen. Vor ein paar Jahren war der Sohn des Kreml-Sprechers bereits zum Gesprächsthema geworden, nachdem bekannt geworden war, dass er in unter dem britischen Nachnamen seines Stiefvaters ein extravagantes Leben auf Kosten der russischen Steuerzahler führt. Nikolaj Choles nannte sich der Sprössling des Kreml-Sprechers und seiner ersten Frau. Ende der 90er Jahre war Nikolaj nach Großbritannien gezogen und kehrt frühestens 2011 nach Russland zurück. Freilich nachdem er eine zweijährige Haftstrafe in Großbritannien abgesessen hatte. 

Wie aus Gerichtsdokumenten hervorgeht, hatte Nikolaj Peskow 2009 in Begleitung von zwei Freunden einen Teenager in der Nähe eines örtlichen McDonald's angriffen und ihm sein Geld abgenommen. Wenige Wochen vor diesem Angriff war er wegen eines anderen Übergriffs zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. In diesem Fall hatte er einer jungen Frau das Telefon abgenommen.

Kein Wunsch zu kämpfen auch bei Mischustin Junior 

Auch Alexej Mischustin, seines Zeichens Sohn des russischen Ministerpräsidenten, demonstrierte keine Bereitschaft, in den Krieg zu ziehen. Ihn riefen die Pranker als Ersten an. Auch ihn forderte Dmitri Nizowtsew unter dem Deckmantel eines Militärkommissars auf, sich am nächsten Tag um 10 Uhr morgens bei seinem Kommissariat einzufinden.

"Um ehrlich zu sein, ist der Wunsch zu kämpfen noch nicht aufgekommen", gab Mischustin Junior unumwunden zu. Auf der Liste mit Freiwilligen möchte auch er daher nicht stehen. Er widme sich lieber seiner Ausbildung. "Jetzt besuche ich die Wirtschaftshochschule. Ich habe an der Technischen Universität Moskau die Militärabteilung abgeschlossen." Damit sollte er eigentlich raus sein, setzte Mischustin hinzu. 

Das sei nicht der Fall, klärte ihn daraufhin Nizowtsew auf. "Bin ich gesetzlich verpflichtet zu erscheinen? Dann werde ich morgen um 10 Uhr da sein", beendete Alexej Mischustin das Telefonat traurig.

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