Luisa Rosowa nennt sich die junge Frau auf Instagram. Auf dem sozialen Netzwerk gibt sie sich betont geheimnisvoll. Das Gesicht stets von der Kamera abgewandt, hinter einer Sonnenbrille versteckt, von ihrer Haarpracht verhüllt. Dafür geizt sie nicht mit Details aus ihrem luxuriösen Leben: hier ein Täschchen von Christian Dior, da ein Kettchen von Luis Vuitton. Hinter dem Pseudonym soll sich keine andere als die uneheliche Tochter von Wladimir Putin verbergen.
Und diese sorgte am vergangenen Wochenende in ganz Russland für Schlagzeilen. In einem mondänen Club in Moskau feierte sie ihr Debüt als DJ. Videoaufnahmen zeigen ihren Auftritt. Auf Instagram hatte der Club die Veranstaltung mit den Worten beworben: "Das rätselhafte Mädchen wird zu uns aus der nördlichen Hauptstadt anreisen, um ihr erstes DJ-Set zu spielen. Wir warten auf alle Liebhaber von Rihanna, Beyoncé und einem fancy Lifestyle", so die Veranstalter. Als nördliche Hauptstadt wird in Russland Sankt Petersburg bezeichnet, die Heimatstadt der angeblichen Putin-Tochter.
Und die Menschen kamen. Die Aufnahmen zeigen einen Club, der aus allen Nähten zu platzen scheint. Während ihres Auftritts sei die junge Frau von Leibwächtern umringt gewesen, berichtete der unabhängige TV-Sender Dozhd unter Berufung auf Anwesende. Ein Mitglied der Gruppe Pussy Riot erzählte zudem, dass der Club von Einsatzkräften einer Spezialeinheit des russischen Innenministeriums umzingelt und bewacht wurde, deren Hauptaufgabe die Bekämpfung des Extremismus ist.
Der rätselhafte Aufstieg von Swetlana Kriwonogikh
Elizaweta Wladimirowna Kriwonogikh lautet der bürgerliche Name der 18-Jährigen, die da so behütet Tracks von Rihanna und Beyoncé auflegte. Im vergangenen November ist er zum ersten Mal an die Öffentlichkeit gelangt. Damals publizierte das unabhängige investigative Journalisten-Netzwerk "Projekt" eine umfangreiche Recherche über eine Frau namens Swetlana Kriwonogikh, die Mutter von Elizaweta. Ihren sagenhaften Aufstieg von einer Putzkraft in Sankt Petersburg zu Besitzerin von Luxusimmobilien, Ressortanlagen, Online-Marktplätzen und Gesellschafterin der Bank "Rossija" soll Swetlana Kriwonogikh einem einzigen Umstand zu verdanken haben: einer Liaison mit dem russischen Präsidenten. Elizaweta soll die Frucht dieser unehelichen Verbindung sein, die geheime dritte Tochter, die Putin allem Anschein nach fast 18 Jahre lang vor der Welt verbergen konnte.
Neben zahlreichen Zeugenaussagen stützt sich die Recherche von "Projekt" unter anderem auch auf die Geburtsurkunde von Elizaweta, in der zwar kein Vater angegeben wird, aber dafür als Vatersname Wladimirowna eingetragen ist. Das sogenannte Patronym ist Bestandteil eines jeden russischen Namens und wird vom Vornamen des Vaters abgeleitet. Im Fall von Elizaweta ist also davon auszugehen, dass der Vater Wladimir heißt – ein Indiz unter vielen.
Zudem soll die junge Frau durch eine frappierende Ähnlichkeit mit Putin auffallen. Die Journalisten von "Projekt" ließen Porträt-Aufnahmen des Mädchens, die jedoch Datenschutzgründen nicht veröffentlicht worden sind, von Professor Hassan Ugail, Direktor des Zentrums für visuelle Analyse an der Universität von Bradford, Großbritannien, auswerten. Die von ihm durchgeführte Computeranalyse habe ergeben, dass Aufnahmen von Elizaweta denen von Putin zu 70,44 Prozent gleichen. Wobei eine Übereinstimmung von mehr als 75 Prozent bedeute, dass auf dem Untersuchungsmaterial dieselbe Person abgebildet ist. "Daraus können wir auf eine mögliche Beziehung [zwischen ihnen] schließen", heißt es in der Schlussfolgerung, die der Professor auf Ersuchen der Redaktion getroffen hat.
Ein Dementi sieht anders aus
Eine offizielle Bestätigung der Verwandtschaft gibt es nicht. Doch Elizaweta bemüht sich nicht um ein Dementi. Im Gegenteil: In Ihrem Instagram-Profil verweist wie auf ein Interview mit dem Magazin "GQ", in dem sie als Putins Tochter bezeichnet wird. Auf die Frage, wie die Enthüllungen über ihre Person sich auf ihr Leben ausgewirkt haben, antwortete sie: "Wissen Sie, es ist irgendwie nicht sehr angenehm, wenn deine Ruhe gestört ist. Und fremde Leute anfangen, in deinem Leben zu wühlen. Das ist nicht sehr angenehm."
Für Aufsehen sorgte auch ein Post der 18-Jährigen, in dem sie die Enthüllungen von Alexej Nawalny über den Putin-Palast am Schwarzen Meer auf sich bezog. Der Oppositionspolitiker hatte in seinem Film auch die Besitztümer ihrer Mutter thematisiert.